Bis heute wurden nur zwei anerkannte Welterbe-Stätten von der Unesco-Liste wieder gestrichen: Das Dresdner Elbtal und das Wildschutzgebiet der Arabischen Oryxantilope im Oman. Die Verbohrtheit zweier Kleinst-Sultanate – das eine nennt sich auch Landeshauptstadt eines vermeintlichen Frei-Staats – war daran schuld. An beiden Orten schob man die Aberkennung allerdings wehrlosen Säugetieren in die Hufe und Flügel – im Oman der Oryxantilope, in Sachsen der inzwischen sagenhaften Hufeisennase. Beide Säugetierarten sind, wie das Einhorn oder der Zastrow, Vertreter aussterbender Gattungen.
Jedenfalls ist nun wieder etwas Platz auf der Liste, und nicht nur deswegen stehen die Nachrücker Schlange. Vielleicht kommt ja der Münchner Viktualienmarkt drauf. Den gibt es seit mehr als zweihundert Jahren und er ist eine ehrliche Angelegenheit: Kleine und große Krämer wollen dort nur das Beste ihrer Kundschaft – die Inhalte ihrer Portemonnaies. Ganz so offenherzig sind andere Mitbewerber nicht. Deren Bewerbung wird gern als eine „immaterielle“ verbrämt. Beispielsweise die der Jecken vom Rheinischen Karneval. Oder die für die romanischen Kirchen in Köln. Hinzu kommt noch der „Further Drachenstich“. Das Biberacher Schützenfest hat schon selbst entschieden, nicht mit auf die Liste gesetzt zu werden. Ohnehin können von allen germanischen Anwärtern aktuell nur zwei berücksichtigt werden.
In Frage käme da zum Beispiel die Sächsische Staatskapelle Dresden. „Wer, wenn nicht wir,“ heißt es aus den Reihen des ältesten durchgängig existenten deutschen Orchesters. Ja, es stimmt schon, wenn ein solcher Titel nicht für Bettensteuer-Marketing und sonstige Bunge-Bunge-Spielchen missbraucht wird, gehört das Orchester unbedingt auf die Liste. Freilich müssten dann auch die noch ältere Kapelle aus Kopenhagen mit drauf, womöglich auch das Staatsorchester Kassel – und was ist mit der vor 450 Jahren gegründeten Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin? Die wird gerade von kleingeistigen Fusionsplänen derart heruntergespart, dass es an ein Wunder grenzen würde, wenn sie über die nächsten paar Jahre kommt.
Von solchen kulturlosen und asozialen Anfeindungen sind die sächsischen Vorzeigeorchester glücklicherweise unberührt. Also rauf auf die Liste. Bleibt nur die Frage: Weltkulturerbe, das hat doch mit Nachlass zu tun – wer erbt da von wem?
Bis nächsten Freitag ganz herzlich –
Michael Ernst