Yuri Bashmet (Foto: PR)
So unterschiedlich sie in der Anlage sein mögen – thematische Bezüge lassen sich zwischen den drei Werken des heutigen Frauenkirchenkonzerts der Philharmonie leicht herstellen. Nur schade, daß die geschickte Dramaturgie des
Abends sich gegen den Raum behaupten mußte, anstatt von ihm unterstützt zu werden…
Oft genug hat sich denn Bachs Drittes Brandenburgisches Konzert als untauglich für die Akustik der Frauenkirche erweisen dürfen. Die Aufführung durch eine kammermusikalische Abordnung der Philharmoniker darf da – trotz der leichten Tendenz zum Davoneilen – als eine der pragmatischsten, gangbarsten bezeichnet werden. “Ohne Zwischenfälle” – ein besseres Urteil ist in dieser Kirche, da schnelle Läufe in den Violoncelli zwangsläufig zu einem fernen Gegrummel verkommen, kaum zu erreichen.
Deutlicher trat das zweite Werk, Giya Kanchelis »Abii ne viderem« für Viola und Streichorchester, vor die Ohren der Zuhörer. Kancheli nimmt barocke Themenschnipsel und Affekthaltungen her, spleißt sie auf, friert sie ein, schichtet die klanglich verfremdeten Segmente neu zusammen. So entsteht ein fragmentiertes Raum-Zeit-Konstrukt, zerbrechlich, manchmal trotzig auffahrend und dann wieder in sanftes Sinnen zurückfallend. Um die “musikalische Stille” aufkommen zu lassen, die Kancheli sich hier herbeiwünscht, war es in der vollbesetzten Kirche viel zu unruhig.
Rätselhaft blieb die Rolle des einstmals besten, mutigsten, tollsten Bratschers der Welt. Yuri Bashmet ist eigentlich viel zu jung, um sich auf ein gemütliches Altenteil mit gelegentlichem, technisch allenfalls mittelmäßigem Bach- oder Haydndirigat zurückziehen zu dürfen. Keines der Werke des Abends hätte seiner bescheidenen, stillen Anwesenheit bedurft, jedes der drei ließ eine schlüssige interpretatorische Lesart vermissen. Weil eigentlich alle gekommen waren, um i h n in Aktion zu hören, hinterließ das Konzert einen traurigen, einen matten Eindruck.
Martin Morgenstern