Fabio Luisi und Isabel Mundry (Foto: M. Creutziger)
Die Saison, in der ich «Capell-Compositeur» der Staatskapelle bin, neigt sich dem Ende entgegen, weshalb ich meine Eindrücke zusammenfassen möchte. Es war eine ungewöhnliche und spannende Begegnung. Wir Komponisten sind es gewöhnt, immer wieder mit anderen Orchestern zusammenzutreffen. Man arbeitet ein paar Tage intensiv zusammen und geht nach dem Konzert wieder auseinander. Eher selten entwickelt sich der Glücksfall, mit einzelnen Orchestern über die Jahre hinweg eine Kontinuität zu entwickeln. Insofern betrachtete ich die Einladung zu einer einjährigen Zusammenarbeit seitens der Staatskapelle und Fabio Luisi als die Institutionalisierung eines Glücksfalls. Man begegnet sich, probt gemeinsam, auch im Sinne des Ausprobierens, geht auseinander, denkt über die Erfahrungen nach, verarbeitet sie in der nächsten Komposition, begegnet sich wieder und merkt, dass auch die Musiker schon vertrauter mit der Klangsprache geworden sind. Auf diese Weise können sich künstlerische Erfahrungen gegenseitig bereichern und befruchten.
Am Anfang mischte sich in die Vorfreude jedoch auch eine gewisse Furcht. Die Staatskapelle ist für ihre außergewöhnliche Qualität bekannt, weniger jedoch für ihre Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik. Und da meine Musik auch ungewöhnliche Spieltechniken erfordert, ein Streicher auch mal die Saite kratzen, oder einen Bläser nur Luft ins Rohr blasen muss, war ich unsicher, ob ich die genügende Offenheit vorfinden werde, um solche Klänge mit der gleichen Ernsthaftigkeit zu spielen wie einen Ton. Umso mehr war ich überrascht, diese Ernsthaftigkeit im Orchester von Anfang an vorzufinden. Für mich bedeuten Geräusche keine Geste von Radikalität oder Anti-Musik, sondern sie sind als eine Erweiterung des Klanges gedacht. Ihre Bedeutung erhalten sie durch den inneren Sinn der Musik. Und ich hatte den Eindruck, mich mit den Musikern genau an diesem Punkt zu treffen, dass es um Klanggestalt, Intensität und Ausdruck geht.
Die Staatskapelle erlebe ich als ein Orchester mit hoher interpretatorischer Energie. Die Musiker hören sich gegenseitig mit großer Aufmerksamkeit zu und wissen das Hören beim Spielen gestalterisch umzusetzen. Dafür braucht es kaum Erläuterungen oder Worte. Vielleicht hätten manche Musiker gesagt, dass ihnen meine Musik fremd sei, aber bei ihrem Spiel kam es mir vor, als ob sie meine Klangsprache verstanden hätten, und etwas Besseres kann man sich von einem Orchester nicht wünschen. Fabio Luisi und der Staatskapelle gilt mein tiefer Dank für diese Zeit des gemeinsamen künstlerischen Arbeitens. Und nun freue ich mich auf die noch bevorstehenden Konzerte mit meinem Klavierkonzert «Panorama Ciego» und dem Orchesterwerk «Nocturno» gegen Ende der Saison.
Isabel Mundry