Philharmonie-Intendant Anselm Rose (Foto: F. Höhler)
Die Dresdner Philharmonie ist momentan in einer schwierigen Lage. Da hatte sich der Stadtrat nach der Vorlage des damaligen Kultur- und amtierenden Oberbürgermeisters Lutz Vogel nun endlich für den überfälligen Umbau des Kulturpalastes entschlossen – und nun regt sich von seiten einiger Veranstalter und vieler Dresdner Bürger erbitterter Widerspruch gegen die Pläne: Über 10.000 Dresdnerinnen und Dresdner haben den Aufruf zum Erhalt des Mehrzwecksaales bereits unterschrieben.
Der Standort für einen hervorragenden Konzertsaal für die Philharmonie sei sekundär, sagte Intendant Anselm Rose »Musik in Dresden« noch Ende 2007; Hauptsache sei, dass Dresden "einen Saal mit hervorragender Akustik" erhalte. Dass ein solcher durch den Umbau des Kulturpalastes entstehen könnte, bezweifelt nicht nur der Generalmusikdirektor der Staatskapelle, Fabio Luisi. Aber was bleibt dem Orchester der Landeshauptstadt momentan, außer gute Miene zum für viele undurchschaubaren Spiel seiner Dienstherrin Helma Orosz zu machen? Martin Morgenstern hat noch einmal mit Anselm Rose gesprochen.
Herr Rose, im Juli vergangenen Jahres hat der Dresdner Stadtrat mit großer Mehrheit den Umbau des Kulturpalastes in einen Konzertsaal der Spitzenklasse für die Dresdner Philharmonie beschlossen. Sie dachten damals sicher: na endlich?
Der Umbau ist ein Projekt, das wir, die Dresdner Philharmonie, natürlich begrüßen und voll und ganz unterstützen. Damit wird das Orchester der sächsischen Landeshauptstadt endlich eine angemessene Spielstätte besitzen, die akustisch und optisch internationalen Ansprüchen genügt.
Das Orchester empfand es schon lange als unbefriedigend, einerseits in den hervorragenden Sälen der Welt zu spielen und andererseits im heimatlichen Dresden in einem Provisorium auftreten zu müssen.
Ja – und nun erhält die Philharmonie einen neuen Saal, der die Qualitäten dieses hervorragenden Orchesters endlich auch zu Hause zur Geltung bringen wird. Nach dem Umbau wird Dresden damit erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder einen Konzertsaal besitzen, der der Bedeutung der Stadt als herausragender Kultur- und Musikmetropole gerecht wird. Dies wird zweifellos auch die großen internationalen Orchester an die Elbe locken, die um Dresden wegen seiner unzureichenden Aufführungsstätten bisher einen Bogen machen.
Einige Experten bezweifeln öffentlich, ob es möglich ist, unter den gegebenen Denkmalschutzbedingungen einen wirklich erstklassigen Saal in die vorhandene Hülle zu bauen. Fabio Luisi lehnt es jedenfalls ab, im umgebauten Palast zu spielen.
Ich bin froh, dass sich der Stadtrat bei der akustischen wie optischen Gestaltung des Saales eindeutig gegen Kompromisse ausgesprochen hat. Wir alle – die Stadt Dresden und die Dresdner Philharmonie – wollen einen Saal, der es in jeder Hinsicht mit den berühmten Konzertsälen der Welt aufnehmen kann.
Die erste Phase der Ausschreibung ist nun bereits abgeschlossen. Das Preisgericht hat eine – anonyme – Gruppe der Finalisten ausgewählt. Und man kann nicht ausdrücklich genug betonen: Alle 28 eingegangenen Wettbewerbsarbeiten zeigten hervorragende Entwürfe von sehr hoher Qualität, die auf hervorragende Weise belegen, dass es kein Widerspruch ist, im denkmalgeschützten Gebäude des Kulturpalastes einen hochkarätigen Konzertsaal von Weltniveau zu integrieren.
Auch die Bibliothek soll unter Ihr Dach schlüpfen. Eine gute Lösung?
Den Vorschlag, dass auch die Bibliothek den Kulturpalast nutzt, bewerten wir sehr positiv. Nicht zuletzt durch den äußerst umfangreichen Bestand der Musikbibliothek ergäben sich viele Ansatzpunkte zu einer Zusammenarbeit unserer beiden Institutionen. Wir würden nicht notgedrungen uns das Gebäude teilen, sondern könnten aufgrund unserer zum Teil übereinstimmenden Klientel auch gemeinsame Projekte organisieren. Das könnte zu wirklichen Synergien mit der Dresdner Philharmonie führen. Dank der Bibliothek wäre der Kulturpalast auch den ganzen Tag geöffnet und wäre zusammen mit den Konzerten am Abend quasi rund um die Uhr mit Leben erfüllt. Es wäre dann wirklich ein ‘Kulturpalast für alle’.
Im Übrigen wird das Veranstaltungsangebot im neuen Saal ausgeweitet und umfasst dann alle Genres von Popmusik, Jazz über Lesungen und World Music bis hin zu allen Facetten der klassischen Musik. Auch so wird der Kulturpalast endlich seinem Namen gerecht und in seiner originären Funktion erhalten.
Moment – Sie sprechen von einer Ausweitung? Die Stadt bedauert, dass einige Veranstaltungen eben nicht mehr stattfinden können, und plant den Umbau des Messegeländes, besonders für Volksmusikveranstaltungen. Wäre es nicht insgesamt die stimmigere Lösung, wenn Philharmonie und Staatskapelle in ein neues Haus zögen und das Veranstaltungsangebot des Kulturpalastes in vollem Umfang erhalten werden könnte?
Es muss klar der Behauptung widersprochen werden, dass es eine realistische zeitnahe Chance gebe, dass die Staatskapelle mit der Philharmonie, d.h. also Freistaat und Stadt gemeinsam, einen neuen Saal bauen könnten. Diese Chance ist schlichtweg nicht vorhanden, da der Freistaat mehrfach bekundet hat, dass außer gutem Willen keine finanzielle Beteiligung zu erwarten ist. Nur über ein neues Konzerthaus reden zu wollen, ist zu wenig. Man muss auch konkret sagen, wie es finanziert und betrieben werden soll.
Natürlich. Dennoch ist es die Stadt, die sich trotzig gegen eine Machbarkeitsstudie sträubt, und nicht das Land. Die Stadtratsmehrheit forciert den Umbau des Kulturpalastes momentan trotz aller Einwände und ignoriert etwa die laufende Unterschriftensammlung zum Erhalt des Mehrzwecksaales. Sind das schon die Ausläufer des anstehenden Stadtratswahlkampfes? Der Kulturpalastumbau war eines der Wahlversprechen von Frau Orosz.
Darüber will ich nicht spekulieren. Was wir wissen, ist: renommierte Gutachter halten den Umbau des Kulturpalasts in einen erstklassigen, weltweit konkurrenzfähigen Konzertsaal für machbar. Aus meiner Sicht ist der Umbau zum gegenwärtigen Stand alternativlos.