“Fast undefinierbares Klanggemisch” (R. Zimmermann) in “Dresdens schönstem Konzertsaal” (Helma Orosz). Foto: M. Morgenstern
Immer wieder bestätigt sich, dass die Frauenkirche nicht für jede Art von Musik geeignet ist. So sind die virtuosen Concerti, die italienische und
deutsche Komponisten der Dresdner Hofkapelle nach 1717 auf den Leib geschrieben haben, in der trägen Akustik des Raumes nur schwer darstellbar. Zwar kann man Reinhard Goebel nicht unterstellen, er würde die Besonderheiten dieser Musik nicht kennen – im Gegenteil, gilt er doch seit langem als ausgewiesener Spezialist für die Musik des frühen 18. Jahrhunderts. Er weiß beispielsweise sehr genau, welches Tempo er nehmen muss, um den „furor concertasticus“ zu erzeugen, jene großflächigen Klangballungen, die durch viele virtuose Spielfiguren entstehen. Doch das alles verschmilzt in der Frauenkirche zu einem fast undefinierbaren Klanggemisch; nur am Ende eines Satzes nimmt man beim langen Nachhall einen einzelnen Akkord wahr. Darunter litten die Hasse zugeschriebene Sinfonie für Streicher, ein Concerto A-Dur von Vivaldi und ein Suitenkonzert von Telemann.
Ganz anders eine Solokantate von Quantz und das Jagdkonzert von Fasch. Beide Werke sind wesentlich lockerer komponiert, die Holz- und Blechbläserpartien setzen sich, namentlich bei Fasch, klar voneinander ab. Außerdem waren die Tempi ruhiger, so dass diese Stücke dem Raum entgegenkamen. Was allerdings die Sopranistin Simone Kermes mit ihrem neckischen Gebaren bei einem geistlichen Werk beabsichtigte, blieb mir verborgen. Kai Vogler als vielbeschäftigter Solist ließ hören, was der damalige Konzertmeister Johann Georg Pisendel an schwierigen Aufgaben zu bewältigen hatte. Die Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle folgten Goebel virtuos in alle feinsten Verästelungen der Partituren.
Dr. Reiner Zimmermann