Allenfalls der Dvorak hatte halbwegs Klasse; ansonsten bedrückte die schlechte Tagesform des Emerson Quartets (Foto: Mitch Jenkis)
Sie sind Helden: Eugene Drucker, Philip Setzer, Lawrence Dutton, David Finckel. Vor zwanzig Jahren debütierten die vier auf aufsehenerregende Weise
mit allen sechs Bartók-Streichquartetten in der New Yorker Carnegie Hall, die entsprechende Aufnahme gehörte eigentlich als Referenz in jeden Plattenschrank. Aber auch Helden haben mal einen schlechten Tag, und so einen erwischte das Publikum gestern im Palais im Großen Garten.
Meinte man zu Anfang noch, die technischen Schwächen des Quartetts wären eine Form subtiler Musikerironie – schließlich war das “Salvation Army”-Quartett von Charles Ives in seiner hochtrabenden, aber immer wieder ins Leere laufenden Pathetik allemal des Spotts wert -, so gefror das Schmunzeln über den ach so unschuldig zwischen den Kollegen hin- und herblickenden Cellisten, derweil seine Intonation immer weiter absackte, spätestens in Samuel Barbers “Adagio for Strings”. Was hier an unsauberen Doppelgriffen angehäuft wurde, muß für ein Streichquartett in dieser Liga als absoluter Totalverlust verbucht werden. Uninspiriert und an vielen Stellen einfach nur nervös-ruppig ging auch das Bartók-Streichquartett Nr. 3 vorüber, mit betretenen Mienen retteten sich die vier in die Pause. Was bei Abwesenheit der lokalen Haute-Volée, die an diesem Abend überwiegend Kurt Masur heiligte, der Höhepunkt der diesjährigen Musikfestspiele hätte werden können, war zu deren bisherigem Tiefpunkt geronnen.
Aber das macht eben Profis auch aus: nach vorn blicken, weitermachen, Nervosität in positive Energie umwandeln. Das “Amerikanische” Streichquartett Dvoraks nach der Pause entschädigte die Kenner, beruhigte die, die gefürchtet hatten, hier stürben eherne Vorbilder, und inspirierten die vor der Pause ermatteten Ohren neu. Zur Zugabe war das Emerson String Quartet endlich auf der altbekannten qualitativen Höhe und hätte nun vielleicht – zur Entschuldigung – den Barber wiederholen können. Stattdessen ein feines Dvoraksches Lied ohne Worte und eine Mozartschen Bearbeitung einer Bach-Fuge, vorgetragen mit Salzburger Schmelz und viel zu viel Vibrato von Eugene Drucker. Schade.
Martin Morgenstern