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Musik und Tanz und tolle Bauten – ein Besuch der Kulturmetropole Kopenhagen

Nein, an Konzertsälen mangelt es in der dänischen Hauptstadt, dieser Weltstadt im Kleinen, nicht. Da ist der traditionelle, alte Konzertsaal der Stadt, zum weltberühmten Vergnügungspark Tivoli gehören ein eigenes Symphonieorchester und eine Konzerthalle.  Architektonisch ausgesprochen gelungen ist das mit schwarzem Granit verkleidete Erweiterungsgebäude der Königlichen Bibliothek von 1999 am Inneren Hafen. Der Blick auf das Gebäude, der „Schwarze Diamant“, ist vom Wasser aus faszinierend, im Innern staunt man nicht weniger über kluge Anordnungen und Aufteilungen mit Raum für 4,5 Mio. Bücher, Ausstellungsflächen und einen Konzertsaal mit immerhin fast 1000 Plätzen.

"Anmutiger Saal mit 1800 Plätzen" (Foto: B. Bjarne)

Zu bestaunen gilt es seit Anfang dieses Jahres ein weiteres Supergebäude, noch etwas außerhalb der Stadt gelegen, mit günstigem Metro-Anschluss, unweit der Universität. Man kann es nicht übersehen, besonders in der Dunkelheit, wenn dieser große mit blauem textilem Material verkleidete, von Stararchitekt Jean Nouvel konzipierte, Kubus geheimnisvoll aus seinem Innern leuchtet. Hier ist jetzt das Danish National Symphonieorchester, das Orchester des Dänischen Rundfunks mit seinem ersten dänischen Chefdirigenten Thomas Dausgaard und dem in Dresden bestens bekannten Ehrendirigenten Herbert Blomstedt zu Hause. Dausgaard und sein Orchester eröffneten in der Dresdner Frauenkirche unlängst das dänisch-sächsische Fest der schönen Künste.

Im Innern des neuen Konzerthauses wird der Besucher aus Situationen temporär veränderbarer Foyergestaltung in den anmutigen Saal mit 1800 Plätzen geleitet, dessen Ränge und Tribünen sich um das Orchesters in wärmend dunkelroten Holztönen schmiegen. Von der Stimmung eines Lagerfeuers mit anziehender und verbindender Wirkung spricht Ole Baekhoej, der junge Intendant des Rundfunkorchesters und mit verständlichem Stolz führt er mich durch drei weitere Studios mit Konzertsaalfunktionen im nagelneuen Rundfunkgebäude an einem eigens geschaffenen Kanal. Das Konzerthaus, dessen akustische Qualitäten demnächst die Dresdner Staatskapelle testen wird, hat immerhin fast 230 Millionen Euro gekostet; was den Dänischen Rundfunk zu einem Sparkurs verpflichtet, der etliche Mitarbeiter ihren Job gekostet hat.

"Kopenhagens neues Wahrzeichen" (Foto: Lars Schmidt)

Das architektonisch so aufregende wie gelungene und beliebte neue Opernhaus, ebenfalls am Wasser gelegen, bietet 1500 Menschen Platz und wurde 2005 eröffnet. Henning Larsen hat Kopenhagens neues Wahrzeichen entworfen. Gespart werden musste hier nicht. Für die Kosten von 335 Millionen Euro musste Dänemarks reichster Mann Arnold Maersk Mc-Kinney Moller wahrscheinlich nicht mal ganz tief in die Tasche greifen. Ein neues Haus für die Oper, da konnte das Schauspiel nicht nachstehen und drei Jahre später steht gegenüber das nicht weniger ansprechende neue Schauspielhaus. Das berühmte Königliche Ballett mit seiner fast 250jährigen Tradition, seinen 95 Tänzerinnen und Tänzern, der bedeutenden Ballettschule seit 1771, tritt in beiden Häusern auf, seine Heimat aber ist das Königliche Theater von 1874.

Seit einem Jahr ist Nikolaj Hübbe neuer Ballettchef. 17 Jahre hat er beim berühmten New York City Ballet getanzt, ein außergewöhnlicher Solist, jetzt will er amerikanische Erfahrungen mit den Wurzeln seiner dänischen Traditionen verbinden. Diese Wurzeln haben einen Namen, August Bournonville, dänischer Tänzer, Choreograf und Ballettmeister, der von 1805 bis 1879 lebte und es verstand, die Tanzbühne mit prallem Leben zu füllen. Französische und italienische Einflüsse hat er verbunden, den Männern brachte er Gleichberechtigung auf der Ballettbühne, die Kunst der Pantomime verwob er elegant in lebensvolle Handlungsballette, die ob ihrer flinken Füße und federleicht wirkenden Sprungvarianten knapp überm Boden so beliebt wie gefürchtet sind.

"wenn der Tanz sich selbst tanzt": Ballettchef Nikolaj Hübbe (Foto: PR)

Nikolaj Hübbe, 1967 geboren, Studium an der Königlichen Ballettschule in Kopenhagen, seit 1984 Mitglied des Balletts und 1988 erster Solist, war ein Meister dieser besonderen Tanzkunst. Den Mitschnitt einer Kopenhagener Aufführung „La Sylphide“ von Bournonville von 1988 gibt es auf DVD, die weibliche Hauptrolle tanzt Lis Jeppsen, die in gleicher Partie vier Jahre zuvor die Dresdner begeisterte. Die berühmten Tugenden des Dänischen Balletts, das 1984 in Dresden zu Gast war, möchte Nikolaj Hübbe jetzt beim Gastspiel in der Semperoper mit dem Klassiker „Giselle“ präsentieren. Er spricht vom Kolorit dänischer Romantik mit den Traditionen der Pantomime ersten und von der spirituelle Melancholie des Tanzes in seiner abstrakten Form des weißen Bildes im zweiten Teil des beliebten Stücks, wenn der Tanz sich selbst tanze. Die Musik von Adolphe Adam spielt das Danish National Symphony Orchestra unter der Leitung von Graham Bond.

1992 ging Hübbe nach New York. Er selbst spricht von seinen zwei Existenzen als Tänzer in zwei künstlerischen Welten, der Prinz und der Street Boy. Beim New York City Ballet wird er Principal Dancer, ist in allen wichtigen Balanchine-Balletten zu sehen und wird für etliche Zeit der Apollo schlechthin in Balanchines richtungweisender Choreografie „Apollon Musagète“.

Jetzt will er dänische und amerikanische Traditionen zusammenbringen. Programmatisch wird die erste Ballettpremiere der neuen Saison Jerome Robbins mit seinen Choreografien „West Side Story Suite“ und „Dances at a Gatering“ gewidmet sein. Besonders gespannt darf man sein, wenn Hübbe in einer Neuproduktion das dänische nationale Ballettheiligtum, August Bournonvilles “Napoli“ seit der Uraufführung 1842, dessen romantischer Stil bisher gepflegt wurde, auffrischen wird. Die rührende Geschichte um Liebe, Verwechslung und einem Wunder der Heiligen Jungfrau wird erstmals, inspiriert von Bildern aus Fellini-Filmen, in das Neapel der 50ger Jahre verlegt, Petticoat und Tarantella.          

Als einzige klassische Compagnie ist das Königliche Ballett in Kopenhagen konkurrenzlos. Mit Tim Rushton und seinem Danish Dance Theatre gibt es gute Zusammenarbeit, zum Glück sagt Nikolaj Hübbe, denn dem berechtigten Anspruch, die zeitgenössischen Formen des Tanzes zu präsentieren, wie es Rushton und seine Compagnie machen, kann er nicht in erforderlichem Maß nachkommen. Für Nikolaj Hübbe ist es wichtig zu unterscheiden zwischen Achtung der Traditionen und starrem Traditionalismus, letzterer wäre nicht im Sinne der Geschichte des Königlichen Balletts, deren unwahrscheinlicher Erfolg ja nicht zuletzt darauf beruht, dass es immer wieder gelungen ist ihre Geschichten, Techniken und Choreografien durch Künstler in ihrem aktuellen Erfahrungshorizont zu interpretieren.      
 
Informationen: 
www.dr.dk/Koncerthuset
www.kglteater.dk
www.daenemrk.org

Eine gekürzte Fassung des Textes ist am 20. August in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, den Artikel hier abdrucken zu dürfen.