Scroll Top

»Sächsischer Klang« – Die Dresdner Philharmonie setzt Traditionen fort und auf den Nachwuchs

"Der Orchesterklang hat womöglich etwas mit Sprache zu tun" (Foto: M. Ernst)

Alle Orchester machen Musik. Manche Orchester machen noch mehr. Die Dresdner Philharmonie hat ein Klangbild entwickelt, das auf mehr als 135 Jahren Orchestertradition basiert und natürlich in der täglichen Arbeit fortgeführt, darüber hinaus aber auch dem musikalischen Nachwuchs vermittelt werden soll. Vom vor genau 15 Jahren ins Leben gerufenen Förderverein des Orchesters wurde dazu – nun schon zum zweiten Mal – eine Akademie gegründet, die jungen Musikerinnen und Musikern die Chance geben soll, im professionellen Alltag zu reifen. Der erste Anlauf erfolgte 1992 und endete 1998 mit dem Ausstieg des damaligen Sponsors. Dem Vermächtnis des 2004 verstorbenen Philharmonie-Intendanten Olivier von Winterstein ist es letztlich zu verdanken, dass vor fünf Jahren ein Neubeginn gewagt werden konnte. „Spenden statt Kränze“ hieß damals das Motto, erstaunliche 20.000 Euro waren Ergebnis und Grundstock für die Orchesterakademie Nummer zwei.

Alle Orchester geben Konzerte. Die Dresdner Philharmonie aber spielt am 1. Oktober zu einem Konzert ganz außer der Reihe auf. Es passt in kein Abonnement, ist nicht langfristig angekündigt und bietet mit Ludwig van Beethovens „Chorfantasie“ op. 80 und den „Carmina Burana“ von Carl Orff zwei klassisch kontrastreiche Ohrwürmer. Vor allem aber ist es ein Benefizkonzert, dessen Einnahmen eben dieser Akademie zugute kommen sollen. Profitieren werden davon junge Instrumentalisten wie Lydia Graf und Sophia Gulde, denen ein bis maximal zwei Jahre lehrreichen Aufenthalts in diesem traditionsreichen Profiorchester vergönnt sein werden. In dieser Zeit nehmen sie nicht nur am Proben- und Konzertalltag der Philharmoniker teil, sondern stehen zudem in engem Kontakt mit Tutoren, die sehr persönlich und individuell auf die Musizierweise eingehen und Tipps für die Praxis vermitteln.

Lydia Graf, 1984 in der Nähe von Oschatz geboren, hat im Frühsommer ihr Violinstudium an der Dresdner Musikhochschule abgeschlossen und erfreut sich seitdem an einer von momentan zwei Akademistenstellen. Der Philharmonie ist sie als Substitutin seit gut zwei Jahren verbunden, nun genießt sie eine vertiefende Ausbildung, die sie „als sehr gute Alternative zum Aufbaustudium an Hochschulen“ ansieht. Ihre Kollegin Sophia Gulde stammt aus Berlin, ist drei Jahre älter und sieht als Mutter zweier Kinder im Akademistinnendasein „wunderbaren Freiraum, um weiter zu lernen, an den Erfahrungen der Mentoren und der Pultnachbarn teilzuhaben.“ Auch sie begann als Geigerin, sattelte zum Studium an der Berliner Hanns-Eisler-Musikhochschule auf Bratsche um und setzte ihre Ausbildung 2006 in Dresden fort. Nach dem Diplom im Sommer 2008 errang sie die inzwischen verlängerte Stelle an der Akademie des Orchesters.

„Sächsischer Klang“ und sächsische Sprache

Beide Künstlerinnen sind sich einig, dass diese Einrichtung unschätzbaren Vorteil für künftige Orchesterbesetzungen beinhalten. Man könne dabei vor allem das Unausgesprochene besser erfassen, Artikulationsfragen etwa, sich auf wechselnde Dirigenten einstellen und vor allem den spezifischen „sächsischen Klang“ durch konzentriertes Zuhören verinnerlichen. Unisono erklären die jungen Streicherinnen, dass dieser Klang womöglich etwas mit der Sprache zu tun habe. Der Berliner hingegen bringe „alles auf den Punkt“, da artikulierten die Orchester auch viel direkter.

Derzeit erleben die beiden Akademistinnen, deren Zeit in der Philharmonie mit einem kleinen Stipendium versehen ist, normalerweise drei Konzertprojekte in zwei Monaten. Diese leicht reduzierte Arbeitsweise ist Programm, schließlich sollen sie sich gründlich mit der Literatur beschäftigen können. Lydia Graf weiß die Freiräume für ausgiebige Vor- und Nachbereitungen zu schätzen: „Man braucht natürlich noch etwas mehr Zeit als ein Profimusiker, bekommt von denen aber wertvolle Tipps bis hin zum Fingersatz.“ Da auch die Pflege der Kammermusik Bestandteil der Zusammenarbeit ist, würdigt Sophia Gulda vor allem den Austausch im engen Miteinander und hofft, „dass bald noch mehr Akademisten hinzukommen, damit wir gemeinsam musizieren können.“

Letzteres ist freilich eine Geldfrage. Lutz Kittelmann, vor 15 Jahren Gründungsmitglied und heute Geschäftsführer des inzwischen gut 180 Mitglieder umfassenden Fördervereins der Dresdner Philharmonie, wünscht ebenso die Möglichkeit, das Engagement auszuweiten. Er verweist stolz auf die Tatsache, dass die eingegangenen Verpflichtungen aufgrund privater Spenden voll finanziert seien. Und natürlich hofft er auf regen Zuspruch zum Benefizkonzert am 1. Oktober, denn: „Der Erlös aus diesem Konzert kommt ausschließlich der Orchesterakademie zugute.“ Künftig solle in jeder Saison ein solches Konzert stattfinden und fest in die Programmplanung mit integriert werden.

Benefizkonzert zugunsten der Orchesterakademie der Dresdner Philharmonie
Donnerstag, 1. Oktober, 19.30 Uhr, Kulturpalast.

Karten sind erhältlich in der Ticketcentrale im Kulturpalast am Altmarkt,
Mo bis Fr, 10 – 19 Uhr, Sa 10 – 18 Uhr, Tel. 0351 / 4 866 866, Fax 0351 / 4 866 353 oder per E-Mail an
ticket@dresdnerphilharmonie.de

Hier können Sie einen Blick in das Programmheft des Konzerts werfen.

Eine Textfassung des Artikels ist am 26.9. in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.