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Nach 22 Jahren kommt ein Neuer – und macht fast alles anders. "Das finden nicht alle toll; aber – ich glaube – ziemlich viele!", lächelte Dieter Jaenicke. In seiner Rede zur Eröffnung des neuen Festivals der zeitgenössischen Musik im Festspielhaus Hellerau vor nicht ganz ausverkauftem Haus erwies er seinem (abwesenden) Vorgänger Udo Zimmermann noch einmal Reverenz.
Ging der Abend doch im wesentlichen auf die Planung des letzten Intendanten zurück. Tatsächlich erschnupperten wir in den drei Werken Mauricio Kagels noch einmal die Luft der humorvollen Avantgarde, oder eigentlich: ihres vergnüglichsten, nahbarsten, immer etwas quergebürsteten Vertreters. Viele von Kagels Werken sind griffig, machen sich über allzu avantgardistisches Getue lustig. Die Musiker greifen schon mal zur Luftschutz-Sirene, das Stroboskop wird von einem Schlagzeuger mit Schweißerbrille bedient – und zum Schluß (in "…, den 24.xii.1931") kriegte der Barton Roland Hermann ordentlich was auf die Glocken. "Der Nationalsozialist", quiekte er kopfstimmig, "raucht nur: ‚Parole‘!" Über wie viele der zeitgenössischen Musikwerke können wir heute noch so befreit kichern wie das Publikum am Donnerstagabend in Hellerau?
"Flafferadaffeldiplockschff" machte das auf der Bühen werkgetreu einstürzende Bücherregal – und die Ära Zimmermann war endgültig zu Ende. Wir dürfen es ruhig als positives Symbol einer neuen Hellerauer Zeitrechnung nehmen. Einer entspannten, gelösten, in der hoffentlich wieder mehr Zuhörer es wagen, die elysischen Hallen zu betreten. Auf seiner "TonLagen"-Reise, die die nächsten vierzehn Tage dauert, macht es Dieter Jaenicke uns leicht. Nutzen wir die Chance!