Ein nacktes Neugeborenes auf der Bühnenleinwand. Stumm. Ein Rotkreuzhelfer mit einem Baby im Arm. Hoffnungssynonyme für Haiti. „Über das Erdbeben ist alles gesagt“, so die Rock4Haiti-Moderatoren Böttcher und Fischer vom Radiosender RSA. Deshalb stand beim Benefizkonzert am 9. Februar im Dresdner Kulturpalast die Musik im Vordergrund. Ohne jede Betroffenheitsstimmung.
Das von der Dresdner Künstler- und Veranstaltungsagentur depARTment production in kürzester Zeit organisierte Benefiz-Konzert wollte schnell und direkt helfen. Alle angekündigten Künstler traten ohne Gage auf. Zahlreiche Ehrenamtliche und Sponsoren unterstützten. 100 Prozent des Eintrittserlöses kommen der unter der Schirmherrschaft der Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes stehenden Erdbebenhilfe Haiti zugute. „Das Geld wird vor allem für Krankenhausbau und Brunnenbau eingesetzt“, informierte Rüdiger Unger vom DRK Sachsen im Kurz-Interview auf der Bühne.
Augenzwinkernd als „Kessel Buntes“ angekündigt, begleiteten die Radiomoderatoren Böttcher und Fischer rund 1750 Gäste durch einen vierstündigen Abend, „der Unterhaltungserlebnis und Gutes tun verbindet“. Motorrad-Cliquen, ganze (Rock-) Fanclubs, Kinder, Menschen im besten Alter, Senioren füllen die Ränge – ein Publikum, dem man in dieser Konstellation eher selten im Rockkonzert begegnet. Geeint vom Herzensbedürfnis zu helfen. Das Wort fällt am Abend oft. Und doch fehlt jeder Anflug von Pathos.
Haase & Band eröffnen das Konzert mit „Mittendrin“ – einem Song wie geschrieben für den Anlass. Nach jeweils drei Liedern, die jede Band bzw. jeder Musiker interpretiert, stimmt Vinder wesentlich härtere Klänge an. Die Heavy-Metal-Band aus Stuttgart hatte die weiteste Anreise. Obwohl in hiesigen Breiten weitgehend unbekannt, applaudieren die Zuschauer nach wenigen Gitarrentakten. Welch Kompliment! Hans, die Geige, wird verstärkt von Knorkator-Gitarrist Basti Bauer und dem Dresdner Gitarristen Udo. Wer noch nicht wusste, dass der virtuose Geiger auch singt, konnte es heute Abend erfahren. Die Fremdinterpretation von Kansas‘ „Dust In The Wind“ hält die Leute kaum auf den Sitzen. Auch als die Männer von Karussell die Bühne betreten, braust kräftiger Beifall auf. Nach einem fast a capella gesungenen „Lieb ein Mädchen“ stellt Sänger Joey Raschke das neue Lied „Meine Habseligkeiten“ vor. „Fischlein unterm Eis“ reißt Moderator Fischer zu einem „Die werden immer besser!“ hin. Gleiches gilt wohl unwidersprochen für Dirk Zöllner und Dirk Michaelis. Zöllner, in der Region fast schon eingemeindet, lässt sich für „Käfer auf’m Blatt“ von Michaelis am Piano begleiten. Gänsehaut! Ebenso bei „Aus Liebe“ mit Basti Bauer und dem Solo „Immer einer“. Lift-Frontmann Werther Lohse bestreitet seinen Auftritt ohne seine Band. Das schadet den im Halbplayback gesungenen Hits „Nach Süden“ und „Am Abend mancher Tage“ erstaunlicherweise nicht. Für „Wasser und Wein“ in der a capella-Version springt das Publikum ohnehin bereitwillig singend ein.
Wer Dirk Michaelis bisher auf leise Töne abonniert hatte, war überrascht. Auf ungewohnt rockige Gitarrenklänge („Du hast’n Mann“) adaptiert er Liedzeilen zum Benefizgedanken, zieht Takte stimmlich koloraturartig in erstaunliche Längen, schwankt zwischen Humor und Besinnlichkeit. Für „Als ich fortging“, gibt es Standing Ovations. Bell Book & Candle und die Hard-Rock-Band Bonfire beschließen einen Abend, für den zutrifft, was alle aus gegebenem Anlass verbindet: „Spenden und ein unvergessliches Erlebnis“. Perfekt organisiert, authentisch und erfolgreich: 18 498,59 Euro für Haiti.
Danke!