Die Crew trägt Uniformen, an der Bar wünscht man nicht "Zum Wohl", sondern "Angenehmen Aufenthalt" und der Pilot agiert wachsam, aber uneitel im Hintergrund. Nicht die einzigen Besonderheiten, die die Tante JU zu einem unverwechselbaren Club gemacht haben. Am letzten Februar-Wochenende wurde Geburtstag gefeiert. Motto "Tante JU wird SEX".Tino Eisbrenner mit Police Attack und die Souldiers gratulierten.
Rund 500 Konzerte in den letzten sechs Jahren, geschätzte 35 000 Besucher und ein Chef, der "begnadeteter Gitarrist, Arrangeur, Veranstalter, Pilot, Lebenskünstler und Phantast sowieso" sei. So lobte Tom Kleinrensing den Tante JU-Gründer Gunther Rehlig in einer spontanen Geburtstagslaudatio. Abgesprochen schien das nicht. Aber durchaus angemessen. Denn Rehlig ist viel zu sehr Macher im Hintergrund, als dass man von ihm eine Rede ans Publikum erwarten würde. Vielleicht ist das das Erfolgsgeheimnis seines Clubs.
"Es ist ja immer so, dass bei einer Geburtstagsfeier keiner zuerst kommen will", scherzte Tino Eisbrenner, einst Frontmann von Jessica. Er wollte. Zum ersten Mal in der Tante JU, lobte er den Club als einen Ort, "der es wert ist kennengelernt zu werden." Kurz vor seinem 30jährigen Bühnenjubiläum (!) erinnerte der 47jährige an seinen Einstieg in die Musikszene. "The Police" hatten ihn seinerzeit so infiziert, dass er die geplante Karriere als Schauspieler gegen das Mikro tauschte. Mit Sänger Sting verbindet Eisbrenner mehr als eine verwandte Stimme. Er wagt die Gratwanderung, Police- und Sting-Songs mit eigenen Liedern in einem Konzert zu vereinen. "Message in a bottle" zum Auftakt, gefolgt vom Jessica-Hit "Ich beobachte Dich". Natürlich. Beim dritten Lied hat er das Publikum ganz auf seiner Seite. "Walking on the moon" wird mitgesungen. Eisbrenners langjähriger Wegbegleiter André Drechsler an der Gitarre, Oliver Siegmann am Bass und Mathias Fuhrmann am Schlagzeug machen 90 Minuten nonstop plastisch, was mit Police Attack gemeint ist. Wüsste man nicht, dass es anders sei, man könnte meinen, die Lieder stammen aus einer Feder.
Zwischendurch plaudert Eisbrenner über "Hits, die Hits sind und über Hits, die Hits sind, aber keine werden sollten". Er parodiert den Boss einer beliebigen Plattenfirma und jeder im Saal weiß längst: Die Entscheidung "This is a song" über das Ja oder Nein eines vermeintlich chartträchtigen Liedes lässt sich der Rockpoet schon lange nicht mehr von außen diktieren. Vielleicht überrascht er sogar Insider mit einem 1984 geschriebenen Lied, das bisher nirgends veröffentlicht wurde: "Meine Sehnsucht", einst produziert für den Film "Ich liebe Viktor". Eine Ballade, die mit großer Wahrscheinlichkeit bald in einschlägigen Internet-Videoportalen auftauchen könnte. "Englishman in New York", "Roxanne", "Invisible Sun" in Police Attack-Version sowieso. Oder die deutsche Fassung von "Fragile", für die Sting selbst das OK gab.
Die Souldiers, heimspielgewohnt, traten in große Fußstapfen. Und nahmen die Herausforderung an, das dezimierte Publikum zu mitternächtlicher Stunde zum Hüftschwung zu animieren. Mit "Move" geben die drei weiblichen Souldiers-Stimmen einen vielversprechenden Einstieg. Folgerichtig: "Midnight hours", "Lightning" und die üblichen Klassiker. "Soulman" inklusive. Vielleicht hat man den personifizierten Soulman, Frontmann Micha Rudolph schon stimmgewaltiger gehört, vielleicht hat momentan einfach die Damenübermacht mehr Soul in der Stimme. Wie auch immer, als Dresdens größte Soulband haben die Souldiers nicht nur wegen ihrer ins Blut gehenden Bläserarrangements kaum Konkurrenz zu fürchten. Bewegung bringen sie allemal in die Massen. Eine große Portion Endorphine außerdem. Und vermutlich sind sie ein Grund, warum das Motto des sechsjährigen Tante JU-Jubiläums ungewohnt doppeldeutig geschrieben wurde…
Für alle, die nicht dabei sein konnten, sechs (subjektive) Gründe für die Tante JU:
– obwohl nach einem Flugzeug benannt, sind Chef und Crew wohltuend bodenständig
– das urige, künstlernahe Clubambiente ist einmalig in Dresden und Umgebung
– Konzertankündigungen kann man blind vertrauen. Auch wenn man eine Band nicht kennt, ist sehr wahrscheinlich, dass man sie mögen wird.
– einer der wenigen Clubs, die ohne nerviges Security-Gehabe auskommen und in dem sich die Gäste trotzdem jederzeit sicher fühlen
– ein buntes und musikliebendes Publikum – hier steht die Musik im Vordergrund
– besucherfreundliche Gastropreise
Kurz: Alles Gute zum Geburtstag! Oder in Werbeworten: "Happy Birthday to JU"!
Die Souldiers gratulierten zum 6. Tante JU-Geburtstag (Fotos: Steffen Nitzsche)