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Es muss ja nicht immer Bayreuth sein, aber…

Mutig ist es sicherlich, ein Kammermusikfestival mit einem Werk zu beginnen, das wohl wie kein anderes der westeuropäischen Musikkultur für das unwiderruflich letzte Ende, nämlich den Tod, steht: Samuel Barbers Adagio for Strings. Geradezu leichtfertig muss die Entscheidung aber deswegen genannt werden, weil die Veranstalter wussten, worauf sie sich an diesem Konzertort, der akustisch notdürftig mit Vorhängen kaschierten "Großen Halle des Automobilvolkes" in der Gläsernen Manufaktur Dresden, einließen. Die surrende Klimaanlage, die auch eine vermaledeite ballförmige Präsentationsplattform stetig hochpustet, eine haushohe Gitterdecke, die aus Brandschutzgründen nicht abgehängt werden darf, und – nomen est omen – gläserne Wände rundherum haben bereits ungezählte Konzertbesucher zur Verzweiflung getrieben. Wie um dem scheidenden Geschäftsführer der Manufaktur diese Hörkatastrophe noch einmal ohrenfällig werden zu lassen, begann das diesjährige Festival also mit einem im piu pianissimo beginnenden und endenden Werk. Der Eindruck war entsprechend ärgerlich, und – auch wenn die Eintrittspreise sich seit letztem Jahr dankenswerterweise trotz Wegfall eines wichtigen Sponsors nicht erhöht haben – überbezahlt.

"Ein kleines sächsisches Bayreuth" hat Peter Zacher das Moritzburgfestival unlängst genannt. Unrecht hat er nicht, und auch die bei den Worten leise mitschwingende Nachdenklichkeit ist mithin angebracht: soll doch die Musik im Mittelpunkt eines solchen Festivals stehen. Das Versprechen an den Kooperationspartner, das Eröffnungskonzert in dieser Halle stattfinden zu lassen, sollte darum in Zukunft nicht mehr so leichtfertig gegeben werden. Eines muss glasklar sein für die "Gläsernen": das Zugeständnis, klassische Musik elektrisch zu verstärken, ist hierzulande ein immenses. Da erwartet das Publikum wenigstens eine sonst störungsfreie Atmosphäre. Das bedeutet einerseits, die Phaeton-Fahrstühle im Sichtbereich des Publikums für die Dauer des Konzertes ruhen zu lassen und gleichzeitig die Sternepraktikanten der Sterneköche anzuweisen, beim Silberpolieren nicht so zu klimpern. Und langfristig bedeutet es für den Konzertort Manufaktur klipp und klar: weg mit diesem fürchterlichen Ball. Dieses Auto, der Phaeton, soll doch angeblich für ein Konzept ohne billige Kompromisse stehen. Nicht nur die Käufer des Wagens, die übrigens oft und gern nach Dresden pilgern, um eine der zahlreichen Kulturveranstaltungen am Geburtsort der Sonnenkutsche mitzuerleben, erwarten dieses Qualitätsverständnis zu Recht auch, wenn es nicht direkt um Pferdestärken geht.

Für mich ganz persönlich habe ich heute vormittag entschieden: Es lohnt nicht, sich die schönsten Werke der Musikgeschichte weiter so vergällen zu lassen, kurz: der Ball – oder ich.

Foto: www.glaeserne-manufaktur.de

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