Die Landeshauptstadt ist die Tanzhauptstadt Sachsens. Da stehen auch die anderen Hauptstädte Mitteldeutschlands im Schatten. Berlin mit seinen 80 Tänzerinnen und Tänzern in Vladimir Malakhovs Staatsballett, das mit einem Budget von 7,5 Mio € ausgestattet ist, mal seinen Hauptstadtbonus zugestanden, weder Brandenburg noch Mecklenburg-Vorpommern mit ihren Stadt- und Staatstheatern können eine Kompanie wie das Semperoper Ballett vorweisen.
Hier sind 56 Tänzerinnen und Tänzer, dazu zwölf Eleven unter der Leitung von Aaron S. Watkin beschäftigt. Solisten und erste Solisten von internationalem Rang, dazu ein starkes Corps de ballet, boten in der letzten Saison bei zwei Premieren und acht Repertoirestücken, Handlungsballette überwiegen, insgesamt 71 Aufführungen, die Tendenz ist steigend, denn künftig will Watkin mit seinen Tänzern auch andere Räume, wie jüngst das Albertinum, erobern.
Der Etat für das Ballett im letzten Rechnungsjahr betrug 4,9 Mio €, nicht eingerechnet die schwer zu ermittelnden Kosten der gemeinsam genutzten Ressourcen der Staatstheater, z.B. Werkstätten. Zum Vergleich, in John Neumeiers Hamburg Ballett gibt es 50 Tänzerinnen und Tänzer, dazu zwei Gäste und sieben Eleven. In Hamburg wurden Spielzeit 90 Aufführungen bei vier Premieren und Wiederaufnahmen gegeben, 25 Gastspielen kamen dazu, Höhepunkt in jeder Saison die Ballett-Tage mit der Nijinsky-Gala. Der Stadtstaat subventioniert sein Vorzeigeballett mit 8 Mio €. Die Einnahmen bei Gastspielen, Sponsoren und Förderern lassen den Jahresetat auf 14 Mio € ansteigen.
Zurück nach Dresden. Bei aller Freude über die Entwicklung der Kompanie an der Semperoper, dass die kleine szene, die Kammerbühne der Staatsoper in Mary Wigmans ehemaliger Schule, als Spielstätte ihre Pforten schließt ist traurig, vor allem für den Tanz und seine experimentellen Formen. Sechsmal war Tanzplan Dresden hier in der letzten Saison zu Gast, neun Gastspiele freier Produktionen kamen dazu.
Die Eleven, deren Präsenz nicht zu übersehen ist im Zusammenspiel mit den „großen“ Kollegen des Semperoper Ballett, gehören zu den 208 Studierenden der Palucca Schule, die in einem Jahr bei unterschiedlichen Formaten mehr als 100 Auftritte in Dresden und andernorts absolvierten. Mit 3,5 Mio € fördert der Freistaat die international orientierte und zunehmend auch so wahrgenommene Hochschule mit ihrer 85jährigen Tradition.
An der Staatsoperette Dresden gehören 18 Tänzerinnen und Tänzer zur Kompanie. Das Städtische Theater hat einen Gesamtetat von 13, 3 Mio €, 11,7 davon fürs Personal und dabei 754.407, 81 € für das Ballett, das an den allermeisten Abenden der Saison im Einsatz ist, sich großer Beliebtheit erfreut und mit seinem Chefchoreografen Winfried Schneider zu den tragenden Säulen des in seiner Art einzigen Theaters gehört.
Einzig auch, bedingt durch Tradition, Architektur und Bedeutung, das Europäische Zentrum der Künste in Hellerau. Am Anfang war der Tanz in Hellerau. Carmen Mehnert und Dieter Jaenicke haben ihn mit Vehemenz zurück geholt. Elf bedeutende Kompanien der internationalen Tanzszene machten hier bis August Station, und weitere sind angekündigt. Auf dem grünen Hügel weht frischer Wind. Das war der Landeshauptstadt 2.596.425,51 € pro Jahr wert. 10.000,00 € kamen von der Kulturstiftung des Freistaates für ein internationales Stipendium in Hellerau.
Mit 50.000,00 € förderte sie die Eigenproduktion „Oedipus Rex“, ein Zusammenspiel der Dresdner Philharmonie, des Kammerchores, Solisten und der Kompanie Dorky Park der Choreografin Constanza Macras. Macras wird wieder hier arbeiten.
Hier ist auch das Dresdner Domizil der Forsythe Company, die in der vergangenen Saison 5mal Präsenz zeigte, dabei mit einer Uraufführung. Die Stadt fördert mit 1,5 Mio € pro Jahr, dazu kamen 2009 für Residenzen usw. 157.295.49 €, die Einnahmen der 27 Veranstaltungen mit 2.791 zahlenden Gästen gingen an die Kompanie.
Die Stadt Dresden förderte sechs freie Tanzprojekte mit insgesamt 37.500,00 €, allein mit 25.000,00 € das Tanztheater DEREVO, 25.000,00 € Projektmittel kamen von der Kulturstiftung dazu.
In der Förderung der Stadt auch 5.000,00 € für Irene Schröder und Hector Solari mit „Dort war es kühl“, von der Stiftung mit 4.690,00 € bedacht.
Die Künstlergruppe um Katja Erfurth erhielt für „Maskenball – die sieben Todsünden“ 6.900,00 € von der Stiftung und 1.000,00 von der Stadt. Gastspielorte für den freien Tanz waren das Societaetstheater mit 17 und das projekttheater dresden mit fünf Aufführungen, wie schon gesagt Hellerau und letztmalig die kleine szene.
Das projekttheater ist auch Zentrum der jährlichen Tanzwoche im April, 2010 mit 19 Gastkompanien und 35 Veranstaltungen. Die Stadt steuerte 26.000,00 €, die Kulturstiftung 20.000,00 € und der Bühnenverein 10.000,00 € bei.
Die Stadt Leipzig zum Vergleich kann ihre freie Tanzszene großzügiger bedenken. Das Kulturamt dort fördert von neun Anträgen drei für das Jahr 2010 mit 159.000,00 €. 2009 gingen 134.350,00 € in vier von sechs Projekten. An der Spitze in diesem Jahr erneut das Leipziger Tanztheater mit Irina Pauls. 106.000,00 € erhält das Ensemble. Die Kompanie Heike Hennig & Co bekommt 50.000,00 €, dazu kommen Projektmittel von der Kulturstiftung, 5.000,00 € für das Tanztheater und 20.000,00 € für Hennig.
Tanzplan Dresden realisierte in seiner letzten Saison sechs Aufführungen in Hellerau, sechs in der kleinen szene, drei Kurspräsentationen im Lichthof des Albertinums, den ImproWinter mit 120 Teilnehmenden und die Internationale Sommerwerkstatt in der Palucca Schule. Die Partner, Sächsische Staatsoper und Palucca Schule, gaben aus Eigenmitteln je 35.000,00 € und Hellerau 43.000,00 € in das Tanzplanbudget. Dazu kamen 115.000,00 € von der Kulturstiftung des Bundes sowie nicht näher bezeichnete Drittmittel in Höhe von 57.000,00 €. Hellerau, die Palucca Schule und die Staatsoper wollen die Tanzplanidee weiterführen, vielleicht auch überhaupt erst zu einem tragfähigen Konzept entwickeln, wenn die Institutionen weiterhin mit knapp 115.000,00 € dabei sind, müssten die Ampeln auch ohne Bundesförderung für den freien Tanz in Dresden auf Grün stehen.
Die Landesbühnen Radebeul, bisher Förderung durch den Freistaat, beschäftigen in ihrem Ballett zwölf Tänzerinnen und Tänzer, Personalkosten 550.000,00 €. Im Stammhaus, auf Gastspielen und im Dresdner Zwinger wurden unter der Leitung von Reiner Feistel bei zwei Premieren mit Repertoire bis zu 130 Abende pro Saison gegeben, Mitwirkungen im Musiktheater nicht mal gerechnet.
Unter dem Strich bedeutet das für den Tanz in Dresden pro Jahr eine ansehnliche Förderung seitens der Stadt und des Landes. Von den dazu kommenden, aber schwer aus Gesamtetats oder Fördersummen für einzelne Theater und Institutionen heraus zurechnenden, nicht unerheblichen, Mitteln war die Rede. Auskunftskompetenz und Bereitschaft seitens der Institutionen, Einrichtungen und Verwaltungen sind besonders zu erwähnen, offensichtlich klare Kriterien der Verwaltung machen dies rasch möglich. Aufgrund völlig anderer Finanzierungsmechanismen war es z.B. nicht möglich, in angemessener Zeit den Vergleich mit einer ähnlich großen Landeshauptstadt wie Hannover herzustellen. Gesagt werden muss zudem, dass die Dresdner Tanzszene größer ist.
Das Theaterhaus Rudi beginnt dem semiprofessionellen Tanz ein Podium zu bieten, getanzt wird am Heinrich-Schütz Gymnasium, an der Jugend- und Kunstschule Schloss Albrechtsberg, im Tanzhaus Friedrichstadt, in der Tenza-Schmiede und im Studio Dancelife um nur weitere Beispiele zu nennen, deren genauere Betrachtung, vor allem Wertschätzung, eigenen Raum verdiente.
Eine Textfassung des Artikels ist am 19.11. in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.
Teaserfoto: Palucca Schule