Seit zwei Wochen proben und konzertieren herausragende Instrumentalisten aus aller Welt gemeinsam beim 18. Moritzburg Festival – am vergangenen Wochenende ging das Festival mit zwei Konzerten in der evangelischen
Kirche Moritzburg zu Ende. In diesem Finale entlud sich die Musik noch einmal regelrecht und in der vollbesetzten Kirche stellte sich am Sonnabend eine tolle Atmosphäre ein.
Henri Demarquette begann mit einer innovativen halbstündigen "musical voyage" – der Cellist teilte sein Programm nicht mit, sondern verband verschiedene Stücke, die ähnliche Formen, gleiche Schluss- und Anfangstöne oder eben einen Kontrast miteinander bildeten, zu einer überraschend geschlossenen Suite. So traf Bernd Alois Zimmermann auf Johann Sebastian Bach und Domenico Gabrielli auf Benjamin Britten. Dankbar war man für die Entdeckung der spannenden Stücke von Eric Tanguy und dem viel zu früh verstorbenen Olivier Greif. Demarquette entwickelte einen klaren erzählerischen Bogen und man lernte die vielen Farben des Cellos auf diese Weise neu kennen.
Im Abendkonzert stand zu Beginn Franz Schuberts Klaviertrio B-Dur auf dem Programm – Viviane Hagner, Jan Vogler und Nicole Hagner trafen genau den Ton der changierenden Leidenschaften dieses umfangreichen, oft grüblerischen Werkes und wussten detailreich zu phrasieren, so bekam das Stück in allen Sätzen natürlichen Fluss und Charakter, der seine Kraft aus den lyrischen Melodielinien schöpfte.
Die Werke des aus Tschechien stammenden amerikanischen Komponisten Karel Husa sind hierzulande weitgehend unbekannt. Charles Neidich (Klarinette), Benjamin Rivinius (Bratsche) und Li-Wei Qin (Cello) engagierten sich stark für die "Evocations of Slovakia", die allerhand virtuose wie schlichte Instrumentalfarben und volkstümlichen Duktus im Bartókschen Sinne bargen. Das kam beim Publikum gut an, wurde aber noch übertroffen von einer wahren Sternstunde der Kammermusik nach der Pause: Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur wurde in absolut hinreißender Weise dargeboten. Für den Klavierpart konnte die französische Pianistin Lise de la Salle gewonnen werden, die in den letzten Jahren als Solistin aber auch als begehrte Kammermusikpartnerin die Bühnen erobert hat. Ihr nuancierter und willensstarker Ausdruck am Klavier sowie Viviane Hagners Führung an der 1. Violine waren die treibenden Motoren einer höchst intensiven Darstellung, bei der einfach alles stimmte. Mira Wang, Kyle Armbrust und Henri Demarquette komplettierten gleichrangig eine wunderbar atmende und vorwärtsdrängende Aufführung, die lange im Gedächtnis bleiben wird. In der Doppelfuge des Finales, im rasanten Scherzo und auch im innigen zweiten Satz staunte man über sprühende Musikalität, von der Schumann sicher begeistert gewesen wäre.
Am Sonntagvormittag erklangen im Abschlusskonzert neben dem stets an dieser Stelle musizierten Oktett von Felix Mendelssohn noch einmal Werke von Daniel Schnyder, dem Composer-in-Residence des Festivals. Die Festivalleitung resümierte nach dem Finalkonzert 6200 Besucher bei insgesamt 21 Veranstaltungen, was einer Auslastung von 99% entspricht. Intendant Jan Vogler zeigte sich mit dem Jahrgang zufrieden: "Ich freue mich, dass das Moritzburg Festival weltweit immer mehr Liebhaber findet. In Moritzburg treffen außergewöhnlich enthusiastische Aufführungen auf ein wunderbares und über 18 Jahre gewachsenes Publikum. Moritzburg hat sich zu einer der schönsten Oasen der Kammermusik entwickelt." – 2011 findet das Festival vom 7. bis 21. August statt.
Eine Textfassung des Artikels ist am 23. August in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.
Foto Lise de la Salle: Stéphane Gallois