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Gekonnt statt nur gewollt – 5. HOPE-Gala

Alle 90 Minuten stirbt in Subsahara-Afrika ein Mensch an AIDS. „Die Not ist groß, Geld ist immer notwendig“, sagt Pfarrer Stefan Hippler, Gründer des Projektes HOPE Cape Town in Südafrika.
Die von den Dresdner Unternehmern Viola Klein und Andreas Mönch vor fünf Jahren ins Leben gerufene HOPE-Gala wirbt kontinuierlich um Spenden für die Arbeit in Kapstadt. Am 30. Oktober ging die Benefiz-Veranstaltung in Dresden zum fünften Mal über die Bühne. Vor ausverkauftem Haus und mit so viel Prominenz wie nie zuvor. Und einem Rekordspendenergebnis.

Benefiz-Veranstaltungen in Dresden konnten bisher selten einen gewissen provinziellen Hauch ablegen. Um es vorweg zu nehmen: die HOPE-Gala 2010 hat es geschafft. Und das mit einem Thema, das nach wie vor für die meisten Menschen ein Tabu ist. Zum ersten Mal wurde die Gala in diesem Jahr von der HOPE Kapstadt Stiftung, einer Unterstiftung der deutschen AIDS-Stiftung, veranstaltet. Zweifellos ein Ritterschlag für das Anliegen.
Wer hätte gedacht, dass Udo Lindenberg samt Panikorchester das ehrwürdige Dresdner Schauspielhaus im Sinn der guten Sache so zum Vibrieren bringen würde? Von Klassik bis Rock für Hoffnung am Kap war die von Ruth Moschner moderierte Gala überschrieben. Doch zwischen den Genres lenkten dramaturgisch beachtliche Lichtpunkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Die Sandmalerin Kathrin Weißensee wurde für ihre zu rhythmischen Klängen und auf eine Großleinwand übertragenen fantastischen, kurzlebigen Bildgeschichten wie ein Popstar gefeiert. An Sopranistin Eva Lind, die sich zwischen „Funicula“ und „Somewhere over the rainbow“ souverän auf klassischem Parkett bewegte, schloss sich Schauspieler Ben Becker an. Begleitet von Pianist Yoyo Röhm rezitierte er Fontanes „John Maynard“. Emotional, mit teilweise zitternder, fast brechender Stimme. Und dann singt er auch noch… Rio Reisers „Übers Meer“. Getragen, melancholisch. Das kann man mögen oder nicht. Ebenso wie den Schwenk zur „Lorelei“. Ungewohnte Töne eines Mannes, der so oft auf den machohaften Bösewicht abonniert wird und den Mut hat, seine Zerbrechlichkeit auf die Bühne zu tragen.
Christian Friedel, Schauspieler am gastgebenden Theater, ließ aufhorchen. Eben noch mit seiner Rolle im für den Oscar nominierten Film „Das weiße Band“ im Gespräch, sang er zwei Lieder seiner neuen CD „ THE CLOSER E.P.“. Was für eine Entdeckung! Die Resonanz des Publikums überraschte ihn wohl selbst – noch im Applaus ging er von der Bühne ab. Doch von diesem jungen Mann wird man mehr hören wollen.
Die Gruppe Karat hatte ihren Auftritt kurzfristig ermöglicht. Mit „Mich zwingt keiner in die Knie“ brachten die Rocker eine passende Metapher zum Thema HIV auf die Bühne. „Über 7 Brücken“ singt das Publikum zunächst allein. Fast ein Heimspiel. Frenetischer Beifall von den Rängen.
Auch Pianist Josef Bulva begeistert mit Chopins „Andante spianato & Grand Polonaise brillante op. 22”. Wer seine Finger über die Tasten fliegen sieht, mag kaum glauben, dass dieser Mann gerade seine Comeback-Tour startet, nach unfallbedingter 14jähriger Bühnenabstinenz.
„Alles wird gut“ sang Milene. Entdeckt und gefördert von Udo Lindenberg, darf man von der erst 14jährigen Panikfestival-Preisträgerin noch viel erwarten. Ihr nach dem Erdbeben in Haiti geschriebenes Lied hat alles, was ein unter die Haut gehendes Lied haben muss: Emotionen, Eindringlichkeit, Unverwechselbarkeit und eine Wahnsinnsstimme. Die Gänsehaut kommt nach wenigen Takten. Und vergeht lange nicht.
Bevor Altmeister Lindenberg die Bühne betritt und ganz andere Töne anschlägt, wird der 2. HOPE Award verliehen: an den völlig überraschten Extremsportler und AIDS-Aktivisten Joachim Franz, dem es die Sprache verschlägt und Tränen in die Augen treibt.

Udo Lindenberg rockte das Schauspielhaus, spontan mit Ben Becker (Foto: Koch)

Und dann kommt er. Gewohnt schnoddrig nuschelt Udo Lindenberg auf Nachfrage von Ruth Moschner augenzwinkernd ins Mikrofon, woran man den echten Lindenberg erkennt. Eine berechtigte Frage angesichts zahlloser Doubles. Die Tricks seien hier nicht verraten. Den Panikrocker muss man erleben. Von „Odysee“ über „Sie spielte Cello“ bis zu „Hinterm Horizont“ und „Good bye Sailor“ brachte er die Ränge zum Beben, manchen Mittfünfziger zum Tanzen und einige Gäste höchstwahrscheinlich an den Rand des Hörsturzes. Doch auch keine Panik, als das Panikorchester den Zeitplan fulminant überzog. Viel zu lange sei er nicht in der Stadt gewesen, bedauerte Udo Lindenberg. Das sei ein Fehler und er wolle bald wieder kommen. Standing Ovations.
Die verebbten auch nicht, als das vorläufige Spendenergebnis verkündet wurde: 91.886,25 Euro. Die wurden von einem nicht genannten Freund der Veranstaltung auf 100.000 Euro aufgerundet.
Ein beachtlicher Erfolg für das HOPE-Projekt in Südafrika. Und das Echo auf eine hochprofessionelle Live-Veranstaltung, die in der Bundesliga angekommen ist.
Die 6. HOPE-Gala findet am 29. Oktober 2011 statt.

www.hopegala-dresden.de