Ein paar mal zu oft fielen an diesem Abend im Societätstheater die Worte "Nashville, Tennessee". In der legendären amerikanischen "Music City", die etwa so groß wie Dresden ist, hat die Sängerin Marion Fiedler eine neue Heimat gesucht und gefunden. Seitdem mit einem gepflegt verwaschenen Südstaatenakzent ausgestattet, kann sie sich im alten Europa als amerikanisches Songwriter Girl ausgeben. Die stereotypen Themen ihrer Songs scheinen aus einem alten C-Movie zu zu stammen: wahre Freunde, falsche Freunde, Freunde die weggelaufen sind, und die laue Sommerbrise, die die Füße kitzelt; jede Note, jedes Wort ist da vorhersehbar. "Gehts euch gut?", fragt Marion Fiedler ins Publikum. Und wechselt nach poppigeren Sachen ("She’s the Jazz Girl with the Cowboy’s Hat") gleich wieder die Stimmung, denn "nun kommt eine sehr sehr traurige Ballade". Und die darf natürlich nur mit Gitarre, Bass und Augenaufschlag beschworen werden.
"Leises mal laut" hat die Sängerin ihr Programm genannt. Tatsächlich trug der mit Jazztage-Fördergeldern eingekaufte Bläserchor ziemlich auf, musikalisch war die Szenerie vom abendlichen Jammen auf der glutheißen Veranda bald in ein kleines, billiges Casino in der Vorstadt von Las Vegas verlegt worden. Nicht alle Songs vertrugen diese Reise gut. Egal, viele alte Freunde waren zu Marion Fiedlers Konzert gekommen und ließen sich auch immer wieder bereitwillig zum Mitklatschen überreden.
Auf der Bühne versammelte sich über den Abend eine bunte Mischung bekannter und sattsam projekterfahrener Dresdner Mugger: Christoph Hermann an der Posaune, der Schlagzeuger Matthias Macht, sogar Manager Johannes Gerstengarbe ließ sich zur Begleitung von "Smoking Gun" hinreißen. Der mächtigen Hintergrundarmada war die zierliche Sängerin stimmlich nicht immer gewachsen, nippte an ihrem feenrosafarbenen Erfrischungswasser, führte den Augenaufschlag Gassi. Um authentisch zu wirken, müsste Marion Fiedler mit ihren Songs vor allem etwas authentisches zu sagen haben. Dann klappt es sicherlich auch mit der märchenhaften Weltkarriere.
Eine Textfassung des Artikels ist am 15. November 2010 in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.