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Mit Walzerrhythmen ins Neue Jahr

Das bevorstehende Silvesterkonzert der Staatskapelle dürfte also weniger Rückblick aufs Vergangene denn schwungvoller Ausblick auf eine klingende Zukunft werden, die dem 1548 gegründeten Orchester bevorsteht. Die Live-Übertragung im ZDF dirigiert am 31. Dezember der künftige Chefdirigent Christian Thielemann, der sein Amt zwar erst 2012 antreten wird, doch schon mehrfach als gefeierter Gast des Orchesters tätig war. Bevor nun zum Jahreswechsel ein neues Kapitel dieser Zusammenarbeit aufgeschlagen wird, sichert ihm ein zusätzlicher Vorvertrag Mitsprache in sämtlichen künstlerischen und planerischen Dingen zu. Denn mit dem vorzeitigen Weggang des bisherigen Generalmusikdirektors Fabio Luisi stünde für das Orchester eine allzu lange Zeit ohne musikalischen Chef an, was sich kontraproduktiv hätte auswirken können. Für Thielemann ergibt sich daraus eine Situation, als sei er in Dresden längst schon angekommen. Zumal er einen Großteil der Orchestermitglieder ohnehin aus der jahrelangen Zusammenarbeit bei den Bayreuther Festspielen kennt.
Entsprechend guter Dinge war der Dirigent denn auch zu den Proben der „Lustigen Witwe“ erschienen und äußerte sich im Gespräch über Lehár, Operette, Weihnachtsgeschenke und Neujahrswünsche.

"Wenn ein Orchester einen sehr eigenen Klang hat, tut man gut daran, genau hinzuhören" (Foto: M. Creutziger)

Maestro, haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke gekauft?

Christian Thielemann: Ja. Das mache ich immer übers Jahr, wenn ich sehe, das wäre was für die und das was für den. Da greife ich zu und erspare mir den Stress im Dezember.

Und was wünschen Sie sich zu Weihnachten?

Ich wünsche mir gar nichts. Wirklich nicht. Ich kriege wahrscheinlich Dinge, die das Jahr über von der Familie gesammelt werden. Da gibt es mal was von einer Buchauktion oder so, das legt man sich hin und zieht es dann Weihnachten wieder vor.

Um auf das bevorstehende Silvesterkonzert zu kommen: Wie arbeitsintensiv sind derart Feiertage gewöhnlich für Sie?

Naja, das kommt darauf an. Wenn man in einer Chefposition ist, dann kann Weihnachten in unserem Gewerbe schon sehr intensiv sein. Muss es natürlich auch, denn das erwartet das Publikum völlig zu Recht.

Die Zusammenarbeit mit der Staatskapelle ist für Sie als designierter Chefdirigent ja nun nicht mehr neu – ist dieses Konzert dennoch eine Besonderheit?

Ja! Ja, natürlich, schon weil wir mal was Leichteres miteinander machen können, was sonst nicht so im Repertoire ist. Viele Leute gucken auf die Operette ja etwas schräg und herablassend. Da muss ich mich als zukünftiger Chefdirigent unbedingt drum kümmern. Gerade zu Silvester passt das doch ganz wunderbar.

Haben Sie inzwischen mal mit Fabio Luisi über die Hintergründe dieses Konzerts gesprochen?

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich zu diesem Thema nicht mehr äußern möchte. Ich habe das in der Vergangenheit mehrfach getan, an den Fakten hat sich seitdem nichts geändert und der ständige Blick zurück hilft uns nicht weiter. Das ZDF-Silvesterkonzert ist für die Sächsische Staatskapelle wie auch für Dresden eine einmalige Chance, sich einem weltweiten Publikum zu öffnen. Dass ich dazu meinen Beitrag leisten kann, erfüllt mich mit großer Freude.

Wie nah ist dem Opern- und Konzertdirigenten das Genre Operette?

Mir ist das sehr nahe und überhaupt keine Ausnahme. In einer normalen deutschen Kapellmeister-Karriere fangen Sie damit ja an. Ich gehe also ein wenig zu meinen Anfängen zurück, das bietet sich jetzt an. Wenn man als Korrepetitor gestartet ist, über Kapellmeisterpositionen zum GMD wachsen konnte, dann hatte man mit Operette sehr viel zu tun. Jetzt kann ich das auf hohem Niveau nochmal machen, das ist doch toll!
Der Lehár ist sowieso ein Genie – wie der komponiert hat und instrumentiert hat, das muss erstklassig musiziert werden. Das Orchester ist mit Feuereifer dabei. Auch die Sänger müssen allererste Klasse sein! Wenn wir jetzt mit Renée Fleming und Christopher Maltmann aufwarten, zeigt das doch auch, dass sich die besten Leute für dieses Genre interessieren. Das spricht Bände. Gerade zu Silvester, denn da möchte man ja nicht unbedingt eine Bruckner-Symphonie hören, oder? Es ist doch klar, dass sich die Menschen einen leicht humorvollen Ausklang wünschen. Ich bin für Wagner und Bruckner zu Silvester echt nicht in Stimmung. In einem Wagner-Jahr wäre das vielleicht was anderes, um ihm Tribut zu zollen.

Besuchen Sie Operetten privat oder hören sich mal eine CD an?

Das passiert nur ganz selten, in Vorstellungen war ich schon lange nicht. Aber ich bin trotzdem sehr dafür zu haben.

Es heißt, Sie hören sowieso wenig Klassik. Stillen Sie Ihre Neugier auf fremde Klangfarben im Konzertsaal?

Ich bin ja kein Ignorant, man muss doch wissen, was passiert. In Baden-Baden habe ich mir den Pollini angehört, hier in Dresden war ich zur „Daphne“-Premiere. Wenn ich irgendwo bin und abends frei habe, schaue ich schon, was läuft und gehe lieber ins Theater oder Konzert als ins Hotel.

Wie beeinflussen Sie selbst das Thema Klang und Unverwechselbarkeit? Nur am Pult oder gelegentlich auch als Mentor?

Eine tolle Frage! Wenn ein Orchester einen sehr eigenen Klang hat, tut man gut daran, genau hinzuhören. Erst dann kann man überlegen, was tue ich da als Dirigent hinzu.
Mit der Mentorenschaft ist das so eine Sache. Wenn ich gefragt werde, gebe ich gern Auskunft. Aber sonst halte ich mich zurück, denn ich will nicht bevormunden. Das kommt meistens schief an.

Hat Dresdens Musikhochschule schon angefragt?

Nee, bis jetzt nicht. Aber warum denn nicht? Beim Dirigieren ist das mit der Weitergabe von Erfahrungen allerdings immer schwierig, wie auch bei Lebenserfahrungen. Viele müssen die Leute einfach selber machen.
Bislang habe ich diese Rolle immer vermieden, denn ich lerne ja selber. Ich bin noch immer ein Lernender. Was ich mir jetzt einmal wünschen würde, wäre ein Gespräch mit Karajan, Kleiber oder Wand. Ich möchte die Herren gern mal nach ganz bestimmten Stellen fragen, wie sie diesen Übergang sehen, jene Dynamik … Das wären die schönsten Gespräche für mich.
Was die Zukunft mit der Hochschule bringt, werden wir sehen. Es ist allerdings auch eine Frage, wie weit man Geheimnisse preisgeben will oder nicht.

Was meinen zur Vernetzung von Spitzenorchestern wie Staatskapelle und Philharmonie mit akademischem Nachwuchs?

In einem bestimmten Maß müssen solche Akademien unbedingt sein, um frühzeitig klangliche Raffinessen vom Orchester mitzubekommen. Das müssen die Mentoren vermitteln, um eine Weitung der Klangspezifik zu betreiben. Es kommt freilich darauf an, wie gut die Akademiemitglieder sind. Da muss man gut auswählen und wirkliche Begabungen unbedingt fördern.
Ich bin ja auch sehr gefördert worden. Das ist immer ein sehr hoher Anspruch, man muss einfach wissen, wie die jungen Leute zu ermuntern sind.

Wie weit reichen Ihre Pläne für Dresden? Was ist schon konkret?

Konkret wäre zu sagen, dass wir eigentlich schon für meine gesamte Vertragszeit planen. Dresden genießt da Priorität. Was Details anbelangt, kann ich nur sagen, warten Sieʼs ab. Wir haben ganz tolle Sachen im Plan, Sänger und auch Tourneen, aber bei manchem Detail fehlt noch der Vertrag, so lange möchte ich nicht drüber reden.

Nach dem Silvesterkonzert ist vor dem Silvesterkonzert, wie werden Sie den Jahreswechsel verbringen?

Ich gehe nach dem Konzert natürlich mit zum Essen, da sind tolle Sachen geplant. Es war ja meine Idee, in diesem herrlichen Opernhaus zu Silvester ein Essen auszurichten, ein fantastischer Traum.
Am nächsten Tag muss ich dann rasch das Material vom Konzert abhören, es soll schon bald eine DVD daraus werden. Darauf freue ich mich sehr.

Und was ist der größte Wunsch von Christian Thielemann für 2011?

Oh – dass wir alle gesund bleiben? Denn ohne Gesundheit ist ja sonst alles nichts. Ich wünsche mir, dass wir gesund bleiben und die gute Laune behalten, sowohl auf Seiten der Kapelle als auch auf meiner Seite, um das miteinander in tolle musikalische Ergebnisse umzumünzen.

 

 

Silvesterkonzert der Staatskapelle: 30.12., 20 Uhr, 31.12., 17.15 Uhr
Live-Übertragung im ZDF am 31.12. um 17.30 Uhr
www.staatskapelle-dresden.de

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