Freie Kulturnetzwerke haben den Vorteil, dass sich Kulturschaffende, Künstler, Wissenschaftler mit ähnlichen Interessengebieten, unterschiedlichen Arbeitsweisen oder Organisationsformen zusammenschließen, ihre Kräfte wie ebenso Möglichkeiten vereinen können. Wobei auch zu beachten ist, dass sich in solchen Netzwerken professionelle wie semiprofessionelle und Amateur-Künstler vereinen – und das macht es zumindest schwierig, wenn es um gemeinsame Aufführungskonzepte geht.
TanzNetz Dresden und Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste haben erfreulicherweise im Januar dieses Jahres ein Pilotprojekt gestartet, das unter dem Namen „Linie 08“ eine Aufführungsfolge bis zunächst Juli 2011 vorsieht, an dem sich die unterschiedlichen Partner beteiligen können. So weit, so gut. Und man muss und will sich auch weiter die Neugier bewahren, dass daraus etwas werden kann. Doch das, was jetzt in der zweiten Folge zu erleben ist, macht wohl eben auch deutlich, dass sich künstlerische Handschriften, nicht aber Qualitäten wild mischen lassen in der Hoffnung, es werde schon halbwegs gut gehen. So funktioniert das nicht, und schon gar nicht an diesem Ort, der bekanntlich Wahrheiten erbarmungslos bloßlegt.
Irgendwie muss man sich ja auch bei den Machern des „Linie 08“-Projektes einig darin sein, dass Tanz wie jede andere Kunst ein gewisses Niveau braucht, und das ist bekanntermaßen als Aufführungsqualität kaum über Kontaktimprovisation oder ähnliche Übungsformen zu erfüllen. Selbst dann nicht, wenn an der jetzt vorgestellten Arbeit „Spiel mit Dir“ die an der Palucca Hochschule für Tanz ausgebildete Choreografin Marita Matzk beteiligt ist. Was hat sie da nur gelernt, wenn so etwas heraus kommt? Dabei war sie mit ihrem Tanzfilm als Diplomarbeit doch gut in Erinnerung geblieben. Zum Auftakt des Abends hat sich Anna Till, die aus Dresden kommt und eine Ausbildung in Berlin absolviert (Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz) mit dem Solo „All together“ vorgestellt, das wenigstens nicht mehr vorgibt, als es ist. Die gesammelten Mailboxnachrichten als Schriftzeilen auf Video haben immerhin für kurze Zeit noch Witz, aber dann fehlt das Maß, um damit aufzuhören. Und die schnörkellose Bewegungssprache der sympathischen Darstellerin hat letztlich zu wenig Gewicht, um wirklich sehenswert zu sein. Was aber nicht heißt, dass aus der Idee grundsätzlich nichts zu machen wäre. Nur so spannungsfrei geht es halt auch nicht.
Und das trifft ebenso auf diese zweite Folge vom Pilotprojekt zu. Wenn Publikum dazu geladen ist – wobei sich der Nancy Spero Saal im Festspielhaus auch schnell mit Freunden und Bekannten füllt -, reicht ein angekündigter, im Programmblatt abgedruckter Anspruch allein nicht aus. Man muss ihn erlebbar, spürbar machen können. Und gerade an diesem Ort.
Eine Textfassung des Artikels ist am 20. Februar 2011 in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.