Dresdner Musiker und ihre (Streich-)Instrumente – das ist eines der Themen, dem sich »Musik in Dresden« in den nächsten Monaten schwerpunktmäßig widmen wird. Cellisten, Kontrabassisten, Bratscher und Geiger, Konzertmeister der Sächsischen Staatskapelle und der Philharmonie haben dazu ebenso freudig (und leidenschaftlich!) Auskunft gegeben wie Solovirtuosen, Hochschulprofessoren, Geigenbauer, Studenten und Hobbymusiker… Den Anfang unserer Reihe macht Prof. Wolfgang Hentrich, Konzertmeister der Philharmonie.
Wolfgang Hentrich, Sie spielen auf einer Geige des venezianischen Meisters Sanctus Seraphin (1699-1758), die Ihnen der Förderverein der Dresdner Philharmonie zur Verfügung gestellt hat. Wie kam es damals zum Erwerb des Instruments?
Das war zu der Zeit, als ich bei der Philharmonie anfing. Der damalige Intendant Olivier von Winterstein gab mir ein Zeichen, dass der Förderverein ein Instrument erwerben würde. Maßgeblich beteiligt an dieser Aktion war der damalige Präsident des Fördervereins Gerard Arnhold. So ein Glücksfall ist schon selten: Instrumente in dieser Preisklasse sind sehr schwer privat zu erwerben. Im Leipziger Geigenbau-Atelier Schade wurde mir eine Auswahl alter Instrumente vorgelegt; mit Kollegen spielte ich damals einige zur Probe und entschied mich für die Seraphin.
Seitdem spielen Sie alles mit dem Instrument – Solopassagen als Konzertmeister, Kammermusik, neues und altes…?
Ja, in den letzten dreizehn Jahren tatsächlich alles, vom Orchesterspiel, Solo über Kammermusik, Violinkonzerte bis zum Open Air Auftritt. Da habe ich aber auch manchmal ein minimales schlechtes Gewissen; gerade, wenn es zum Beispiel um Musik des 20. Jahrhunderts geht, die ja auch mal herbere Töne verlangt. Ich frage mich dann manchmal: ist das das passende Instrument dafür?
Und was ist die Antwort? Werden Sie sich irgendwann ein weiteres Instrument zulegen?
Ich besitze bereits eine Geige von Radovan Jira von 1983. Das ist die Geige, mit der ich mein Diplom gespielt und später auch Solokonzerte gegeben habe. Aber in den letzten Monaten war ich wieder auf der Suche, habe etwa hervorragende Instrumente von Martin Schwalb und Dietmar Rexhausen ausprobiert – und dann tatsächlich auch eine Geige von Rexhausen erworben.
Wie beraten Sie eigentlich Ihre Studenten an der Hochschule, wenn es um den Erwerb eines Instruments geht?
Es ist etwa wie ein Lotteriegewinn, wenn du ein altes italienisches Instrument in die Hand bekommst. Das ist für die meisten einfach unbezahlbar! Deswegen empfehle ich meinen Studenten, Kontakt zu Geigenbauern aufzunehmen und nach gründlichem Ausprobieren ein neues Instrument zu kaufen. Preislich liegen diese Geigen ja immer noch zwischen 10 und 30.000 Euro. Wenn man gewissenhaft sucht und sich Zeit lässt, das Instrument einzuspielen, hat man ein Leben lang Freude dran.
Und über das rein Handwerkliche hinaus – wie viel macht die "Aura" eines alten Instruments für Sie aus?
Unser Beruf hat ja viel mit Zwischentönen zu tun. Aura spielt definitiv eine Rolle. Ich habe es als Konzertmeister auch schon oft erlebt, dass es von einem unserer Solisten hieß: der spielt die Stradivari so-und-so; und dann spielte er ein neu gebautes Instrument! Und das Publikum seufzte natürlich und sagte, jaja, der Stradivari-Klang, unverwechselbar… Nun ist es einfach so: nicht die Hörer haben schlechte Ohren, sondern nur die besten neuen Instrumente könnten diesen Klang erreichen. Und einen Geigenbauer zu finden, der das kann, ist eben schwierig.
Werden die Konzertbesucher Sie denn in Zukunft auch mal mit der neuen Rexhausen-Geige hören können?
Ja, sicher. Es gibt Werke, da ist die "Seraphin" einfach unerreichbar; und es gibt Musik, für die sie nicht so geeignet scheint. Ich werde sehr sensibel sein und die Instrumente so einsetzen, dass ihre jeweiligen Stärken zur Geltung kommen…