Eigentlich sollten Sie jetzt in Ägypten sein. Aber das geplante Debüt der Staatskapelle auf afrikanischem Boden ist zum zweiten Mal abgesagt worden. Wie verschmerzen Sie das?
Jan Nast: Das tut schon weh, schließlich war alles gut geplant und haben wir zweimal viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt. Aber ich bin optimistisch und sage mir, aller guten Dinge sind drei. Denn die Botschaft, die wir dort senden wollten – unsere Tradition vorzustellen, unsere Kunst und die besonderer Art, Musik zu interpretieren –, die ist uns schon wichtig.
Immerhin wird der zweite Reiseteil nach China stattfinden können. Oder bangen Sie noch um Volkskongress, Jasmin und Japan?
Das beobachten wir natürlich, aber ich habe da ein gutes Gefühl und denke nicht, dass es Störungen unserer Konzertreise geben wird. Unsere Mission dort ist eine kulturelle, keine politische. Angesichts der Katastrophe in Japan kann man nur hoffen. Als Zeichen unserer Verbundenheit und Besorgnis haben wir das 8. Symphoniekonzert den Opfern gewidmet. Für alle Eventualitäten ist im Interesse unserer Musiker natürlich vorgesorgt.
Stationen sind Schanghai, Guanzhou und Peking. Die erste Asien-Tournee, die ausschließlich China berührt. Wie kam es dazu?
Bestimmte Planungen spiegeln noch immer die Umstrukturierungen, die sich aus dem plötzlichen Weggang von Fabio Luisi ergaben. Wir haben ja Vorlaufzeiten von etwa vier Jahren. China war also lange geplant, und nach dem ersten gemeinsamen Erfolg mit Nikolaj Znaider haben wir ihn für diese Reise sehr gern erneut eingeladen.
Unsere Präsenz in Asien ist wichtig, wir haben dort ein begeistertes Publikum. Aber man muss sich auch rar machen können, damit das so bleibt. Deswegen diesmal nur China. Im nächsten Jahr ist eine exklusive Reise mit Christian Thielemann nach Japan und Korea geplant.
Erstmals reist die Staatskapelle mit einem Veranstalter aus China, ein Test?
Das ergab sich aus dem Kontakt mit Herrn Wu. Dessen Firma Wu Promotions hat bereits viele chinesische Produktionen nach Europa und Amerika gebracht und beginnt nun, hiesige Orchester auf den dortigen Musikmarkt, der im stetigen Wachsen ist, zu etablieren. Dass unsere Konzerte in diesen riesigen, großartigen Sälen – architektonische Diamanten! – binnen zweieinhalb Wochen restlos ausverkauft waren, scheint mir ein gutes Zeichen dieser Zusammenarbeit zu sein.
Hat das nur mit der Staatskapelle zu tun oder auch mit der Musikauswahl und dem chinesischen Solisten Mengla Huang?
Dass China sehr ernstzunehmende Interpreten aufweist, ist ja bekannt. Mengla Huang ist ein vielversprechender junger Geiger, von dem künftig gewiss noch zu hören sein wird. Mit ihm Bruchs 1. Violinkonzert zu musizieren, ist auch ein Zeichen der Reverenz an das Gastland, dessen Knowhow wir schätzen und akzeptieren.
Das Programm wurde in Absprache mit Nikolaj Znajder erstellt, der ja selbst einer der führenden Geiger ist und sich in recht kurzer Zeit einen guten Ruf als Dirigent erarbeitet hat. Er wollte sehr gern Tschaikowski mit der Kapelle aufführen, wir wollten das mit unserem Repertoire von Weber und Brahms ergänzen, nun reisen wir mit einem spannenden deutsch-russischen Mix.
In Peking werden Sie nicht nur zwei Konzerte vor jeweils mehr als 2.000 Gästen im National Center for Performing Arts geben, sondern auch zur Ausstellungseröffnung „Die Kunst der Aufklärung“ im neu eröffneten National Museum of China musizieren, dem dann größten Museum der Welt …
Mit den Staatlichen Kunstsammlungen verbindet uns ja seit Jahren eine enge Zusammenarbeit. Aus diesem Verhältnis resultierten schon Projekte in Abu Dhabi und anderswo. Aufgrund unserer vielen Gemeinsamkeiten – die Kunstsammlungen wurden vor 450, die Kapelle vor 463 Jahren gegründet – können wir mit solchen Kultur-Kooperationen zeigen, wofür das Land Sachsen steht, um dessen Künste gebündelt präsentieren.
Ein Novum ist das gemeinsame Musizieren mit der Staatskapelle Berlin und dem Bayerischen Staatsorchester München unter Lorin Maazel. Eine Botschaft?
Ja, diesmal wird wegen der gemeinsamen Ausstellung von Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München und Staatlichen Museen Berlin ein Dreiklang von Sachsen mit Bayern und Berlin daraus, der zu einem Gleichklang unserer Musiker mit Kollegen aus Berlin und München führen wird. Die Botschaft lautet, dass Deutschland nicht nur mit bildenden Künsten, sondern als das europäische Orchesterland aufwartet.
So eine Tour kann für die Musikerinnen und Musiker auch eine Tortur sein. Wie halten Sie die Kapelle in Asien bei Laune?
Es ist eine Leistungsschau, die Sachsen und Deutschland zum Ruhme gereicht. Das macht natürlich stolz und beflügelt zugleich. Ich sehe auch einen Bildungsauftrag darin, dass wir die klanglichen Besonderheiten der Staatskapelle darstellen. Bei diesem sehr anstrengenden Rhythmus müssen alle Rahmenbedingungen und Parameter so geplant werden, dass die Musikerinteressen bestmöglich berücksichtigt werden. Da geben wir uns alle Mühe.
Was bringt die Tourneearbeit einem Spitzenorchester wie der Staatskapelle, zu dem die Fans ja auch gerne nach Dresden pilgern?
Wir machen damit Werbung für den gesamten Standort Sachsen, also auch für unser Haus. Dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen und spielt selbst bei Wirtschaftsinvestitionen eine Rolle. Nicht zuletzt wird unser Mut, die Homepage auch auf Chinesisch zu präsentieren, vorteilhaft honoriert.
Musik aus Europa steht in China hoch im Kurs. Woraus resultiert diese Begeisterung?
Ich denke, dass derzeit in allen Ländern, die sich im Aufbruch befinden, die Orientierung in Richtung Westen geht. Da gehört Lifestyle ebenso mit dazu wie Kultur und auch Bildung. In China werden derzeit so viele Opern- und Konzerthäuser wie nirgendwo sonst gebaut. Und da es zumindest momentan nicht genügend Orchester gibt, um die zu bespielen, ist das Interesse an namhaften Orchestern sehr groß.