Matthias Wollong, Sie spielen auf einer Guarneri-Violine aus dem Jahr 1676. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen ist die Geige nicht im Besitz einer Stiftung – Sie haben sie selbst gekauft…
Na, ich bin auf der Zielgeraden. Ich habe auch gerade Haus gekauft, das war nicht ganz einfach, denn meine erste Villa verreist ja immer mit mir… In spätestens acht Jahren wird sie abbezahlt sein. Ich kann nicht genau sagen, ob ein solcher Kauf heute noch so möglich wäre.
Die Instrumentenpreise gerade für "alte Italiener" sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Kaum ein Solist kann sich heute noch leisten, eine "Strad" zu kaufen, oder?
Man muss Kompromisse machen. Ich wollte keine Strad haben – wenn es da nicht um die absoluten Spitzeninstrumente des Meisters geht, bezahlt man eh nur den Namen. Aber wenn man unbedingt will – wir verdienen ja wirklich gut, muss man sagen – und wenn man rechtzeitig anfängt, eine Vision zu haben, dann klappt das mit dem Instrumentenkauf schon. Ich verbringe so viel Zeit mit meiner Geige, und mein Leben ist wirklich besser geworden!
Sie klingen verliebt… Schildern Sie doch mal ihr erstes Zusammentreffen.
Ich hatte sie auf einer Ausstellung gesehen und war wie verzaubert. Ich habe noch keine andere Guarneri gesehen, die in einem so phänomenalen Erhaltungszustand ist – vor 1700 ist das sehr, sehr selten. Ich habe sie damals für zwei Konzerte geliehen bekommen, habe Brahms gespielt, und wollte dann nicht mehr von ihr lassen.
Wie sahen die finanziellen Rahmenbedingungen aus?
Als ich die Geige 1997 kaufte, waren das noch andere Zeiten. Da gab es gerade einen kleinen Knick, wo die Zinsen plötzlich fielen. Ich kam genau in diese Delle – ich hatte zehn Jahre angespart, und konnte ein anderes Instrument in die Waagschale werfen. Ich habe natürlich auch versucht, Sponsoren zu finden. Das ließ sich auch alles ganz gut an – aber irgendwann muss man das Instrument in den Händen haben.
Und warum Guarneri?
Ich hatte schon mein ganzes Leben diesen Traum, eine Guarneri zu spielen. Die Geigen haben eine größere Wärme, einfach die größere Rafinesse beispielsweise gegenüber Stradivaris… Sie fassen sich anders an, haben eine andere Ausstrahlung. Das gefiel mir immer besser. Dann waren da natürlich einfache Ausschlusskriterien: eine richtige "del Gesu", also eine Geige von Giuseppe Antonio, genannt Joseph Guarnerius del Gesu (1698-1744), kam nicht in Frage, es gibt vielleicht vierzig, fünfzig davon, und die sind für private Käufer unbezahlbar. Dann gibt es noch dessen Bruder Pietro Guarneri (*1695): dessen Instrumente sind heller und brillianter im Klang. Giuseppe Giovanni Guarneri war der Vater der beiden, auch ein guter Geigenbauer – und es gibt den Stammvater, der das Geigenmodell entwickelt und zu höchster Perfektion gebracht hat, Andrea Guarneri (1626-1698). Nach dem hab ich mich umgesehen.
Wen sollte ich anrufen, wenn ich eine Guarneri kaufen möchte?
Es ist gar nicht so schwierig, eine Auswahl von Instrumenten zu bekommen, wenn man bekannt macht, dass man sucht. Es gibt gute Referenzen. Das läuft alles auf sehr informellem Wege. In den Musikerkreisen ist man ganz gut vernetzt. Die größten Händler sind dabei nicht immer die verlässlichsten – das haben wir gestern gesehen. [Einen Tag vor unserem Gespräch war der Geigenhändler Dietmar Machold verhaftet worden] Mit Frau Köckert in München hatte ich aber eine sehr gute Partnerin. Ich kann das nur betonen, weil der Markt ein grauer Markt ist. Frau Köckert hat durch ihre Familiengeschichte eine große Affinität zu den Instrumenten, mit denen sie handelt. Sie hatte Verständnis für meine Lage, ist mir in vielen Dingen entgegengekommen, auch mit dem Preis. Ich konnte ihre Versicherung übernehmen… Das war alles sehr seriös. Dass jemand mit so einem Handel auch Geld verdienen kann, das akzeptiere ich.
Tatsächlich muss man bei Spitzeninstrumenten auch mit Spitzenmargen für Zwischenhändler rechnen, nehme ich an?
Ich habe allein in München noch zwei Händler kennengelernt, die mir auch Guarneris angeboten haben. Frau Köckert sagte mir aber: die Geigen werden sie schon kennen… Das waren also weitere Zwischenhändler, die wollen natürlich alle mitverdienen an so einem Geschäft.
Und wie haben Sie letztendlich die Finanzierung geschultert?
Irgendwann wollte der Verkäufer Nägel mit Köpfen machen. Über Kontakte und persönliche Beziehungen habe ich bei der Deutschen Bank anfragen lassen, wie das aussieht – und dann ist es ein Immobilienkredit geworden. Ich habe zehn Jahre lang nur Zinsen gezahlt… Klar, es gibt genügend Sammler, die das Geld einfach auf den Tisch legen könnten. In der Größenordnung ist das für die richtigen Leute ja nicht viel, auch wenn es für uns Musiker eine Lebensaufgabe ist. Aber mein Leben ist ja auch, Musik zu machen.