Heute vermeldet eine Dresdner Tageszeitung auf der Titelseite, die Kosten für den Umbau des Kulturpalastes betrügen über 100 Millionen Euro. Was wohl für niemanden, der halbwegs über das Projekt Bescheid weiß, eine große Überraschung sein dürfte.
Fast wöchentlich melden sich seit Monaten Kulturschaffende, Organisatoren, Politiker zu Wort und debattieren – natürlich wieder einmal, nachdem der Stadtrat abgestimmt hat – die Pros und Kontras des Umbaus. Emotionslos zusammenfassen ließe sich das wohl folgendermaßen: Für einen Umbau spricht, dass der Palast ein kulturelles Zentrum der Stadt sein könnte, auch tagsüber in die Stadt hineinwirkt (durch Verlagerung der Stadtbibliothek hierher), und neben einem klassischen Konzertsaal auch das Kabarett einen ihm angemessenen Platz fände. Umbaugegner befürchten dagegen, dass die Akustik des Konzertsaales durch bauliche Einschränkungen in einer denkmalgeschützten Gebäudehülle allenfalls mittelmäßig sein würde, dass viele der heute im Mehrzwecksaal stattfindenden Veranstaltungen der "heiteren Muse" verdrängt würden, weil sie unter den gegebenen Umständen und mit dem Platzkontingent von 1800 nicht rentabel wären, und dass überhaupt das gesamte Konzept das Mittelmaß atmet (beispielsweise weder ein Proben- noch ein Kammermusiksaal für die Philharmonie geplant sind). Abgesehen von der Klage, die die Stadt nun auch noch an der Backe hat: der Architekt Prof. Wolfgang Hänsch sieht nämlich sein Urheberrecht verletzt.
In bitteres Lachen ausbrechen dürfen in dieser festgefahrenen Situation, die eigentlich nur aus der von der Oberbürgermeisterin verordneten ‚Zurückhaltung‘ des Landes Sachsen erwächst, sich für ein gemeinsames Konzerthaus von Philharmonie und Staatskapelle zu engagieren, die Dresdner Leser eines jüngst in der FAZ erschienenen Artikels über Claudio Abbado und seinen Plan, in Bologna ein Konzerthaus mit 1800 Plätzen errichten zu lassen. Für die Architektur zeichnet Renzo Piano verantwortlich, die Akustik hat der "Guru" des Fachs, der Japaner Yasu Toyota entworfen. Und die Kosten? "Zwischen dreißig und fünfzig Millionen" soll es kosten, und auch noch eine Musikschule und einen Botanischen Garten enthalten.
Wenn der Kulturbürgermeister der Stadt Dresden also noch halbwegs im Sinne der ihm unterstellten Kulturbürger denken und handeln würde, griffe er zum Telefon und ließe sich von Herrn Piano einmal die Pläne schicken. Seine Pflicht und Schuldigkeit wäre es, zu untersuchen, ob das bereits im städtischen Haushalt vorgesehene Geld nicht besser verwendet wäre, würde man neben der notwendigen Renovierung des Kulturpalasts und der Erhaltung des Mehrzwecksaales (dafür veranschlagt waren einmal 25 Millionen Euro, auch wenn diese Zahl heute kein städtischer Beamter mehr nennen darf) den Piano’schen Konzertsaal vis-a-vis der Brühlschen Terrasse ans Elbufer bauen. Die für die Musikschule vorgesehenen Räume könnten günstig vermietet – und die Flächen für den Botanischen Garten meinethalben für eine begrünte Bibliothek umgenutzt werden. Nur müßte endlich einmal ein Politiker den Mut haben zu sagen: Stoppt dieses Umbaudesaster, das die momentan beurlaubte Oberbürgermeisterin so vehement vorantrieb; die Kosten sind tatsächlich – wie wir spätestens heute sehen – nicht im Zaum zu halten.
Aber diesen Mut hat Dr. Lunau leider nicht.