Über den gelungenen Coup, die Staatskapelle von 2013 an alljährlich an die Salzach zu verpflichten:
"Dass die Atmosphäre positiv, die Erwartungen so hoch sind, spornt an und macht Lust. Mit der Staatskapelle steigt ein Orchester in den Ring, das in Konzert und Oper sehr erfahren ist. Dieses Orchester als Chef zu leiten, beruht letztendlich auf dem Rat Karajans, die Kapellmeisterkarriere langsam anzugehen: als Korrepetitor klein anzufangen und später größere Orchester zu leiten, wenn das Talent und das Glück es erlauben. Es erfüllt mich mit besonderer Freude, ein Orchester wie die Sächsische Staatskapelle hier zu leiten. Wir haben schon eine ganze Menge miteinander gemacht, wir müssen uns nicht erst finden, können aus Erfahrung schöpfen. Viele Musiker kenne ich aus Bayreuth."
Über die Umstände, die ihn erst zustandekommen ließen:
"Ich hätte mir’s ja nicht vorstellen können – aber so läuft’s halt manchmal! Ich kann mich genau daran erinnern: wenn man früh als Assistent von außerordentlichen Dirigenten lernt, was möglich ist – dann transportiert man das weiter und hat danach selber Ansprüche und Ideen. Man soll danach streben, das Beste zu erreichen. Das ist eine Binsenweisheit, aber wie oft hat man das Gefühl, dass übermäßige Arbeit, übermäßiges Reisen das Musizieren behindern. Für drei Wochen in Salzburg zu sein, ist etwas ganz wunderbares. Wie in Bayreuth: das ist der Sinn der Festspiele, dass die Mitwirkenden miteinander auf Tuchfühlung gehen. Ich habe gelesen: bei den ersten Sommerfestspielen machten die Mitwirkenden Ausflüge miteinander. Man reist nicht zu einem anderen Auftritt, sondern bleibt dann doch unter sich. Das ist ein Garant für gutes Miteinander. Die Dresdner Staatskapelle macht zu Beginn der Spielzeit eine Dampferfahrt, damit die Kolleginnen und Kollegen miteinander reden, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu haben. Das ist mir ungemein wichtig."
Über die Dresdner und die Wiener:
"Es gibt zwei Orchester, die die Tradition haben, Konzerte und Oper international erstrangig zu spielen – die Dresdner und die Wiener, wie Bruder und Schwester. Ich finde es wichtig, dass die Kollegialität zwischen den Orchestern hochgehalten wird. Dass Dominique Meyer so flexibel reagiert hat, rechne ich ihm hoch an. Er hat mich freundlicherweise aus dem "Lohengrin" entlassen, ich werde dort aber andere Dinge dirigieren."
Über die Besetzungsplanungen:
"Die schönen Erfahrungen kommen erst zustande, wenn man nicht mehr so drücken muss, wenn man sich kennt. Als Assistenten sagten wir immer: das sieht ja so leicht aus! Ich kann mich an die Karajanschen Proben erinnern, die so aussahen, als ob das gar nicht so kompliziert sei. Natürlich beruht das auf Erfahrung. Deswegen wird es im Wagner-Jahr bei dem Parsifal, den wir vorhaben, sehr gute Sänger geben. 2013 ist aufgrund des Jubiläums schon mancher gebucht. Aber wir bekommen das hin!
Ich habe hier am Haus nie Oper dirigiert, werde es diesen Sommer zum ersten Mal erleben. Das ist etwas, was ich an der Wiener Staatsoper selbst erlebt habe. Wir werden hier experimentieren, das ist ja ein sehr flexibles Orchester. Wir werden sozusagen den Tenor entweder zubügeln – oder auch mal durchscheinen lassen!
Wir sollten unser Augenmerk darauf richten, wer auf dem Markt ist: Sie können in der Akustik hier, die zwar sehr gut ist, aber wo man sehen muss, dass alles passt, natürlich Pläne haben, wir müssen aber auch Alternativen bedenken. Das Publikum erwartet von uns, die Besten der Besten zu holen. Dass wir Entdeckungen präsentieren, ist auch völlig klar. Aber ein Festspielpublikum erwartet arrivierte Künstler. Man muss da einen Spagat finden. Eine luxuriöse, aber vielleicht mal ungewohnte Besetzung bringen. Man erwartet von uns das Basisrepertoire in der denkbar besten Aufführung! Der Konkurrenz zu den toten Kollegen muss man erst mal gerecht werden. Ich bin im richtigen Alter, im richtigen Moment der Karriere; man muss Erfahrung haben, darf aber nicht mehr zu viele Dummheiten begehen. Vor so einem Publikum kann man nur mit der allergrößten Qualität bestehen. Ich freue mich ungemein – was soll ich noch sagen? Danke!"
(aufgezeichnet in Salzburg von Martin Morgenstern)