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Verbeugung vor einer lebenden Legende

Der Cellist Mischa Maisky gehört zu den engsten Kammermusikpartnern von Martha Margerich (Foto: PR)

Mischa Maisky, erinnern Sie sich an Ihr erstes Treffen mit Martha Argerich?

Das war 1975, in Südfrankreich, zum Ivry Gitlis Festival. Martha saß mit ihrer vier Monate alten Tochter Stéphanie im Publikum, als mich Gitlis aufs Podium zog. Er erzählte dem Publikum, dass ich gerade aus der Sowjetunion gekommen sei, und bat mich etwas zu spielen.

Sie müssen die Pianistin beeindruckt haben, jedenfalls spielten Sie danach recht bald gemeinsam: 1978, auf einer Deutschland-Tournee, zum 75. Geburtstag Ihres Lehrers Gregor Pjatigorski.

Seitdem teilen wir die Bühne, ja. Und jedesmal, da wir uns treffen, bin ich von ihrer Musikalität begeistert, und von ihrer Kraft, wie sie die Kunst, aber auch das private Leben meistert. Martha ist ja gewissermaßen eine lebende Legende: Ihre Wohnung ist ein Magnet für junge Musiker. Sie zu besuchen, fühlt sich an, wie in eine Wohngemeinschaft mit vielen Freunden zu kommen.

Was macht die Musikerin Martha Argerich aus?

Martha ist eine innerlich sehr jugendliche Person. Ich bin überzeugt, man kann das auch in ihren Aufnahmen hören. Sie ist flexibel, tolerant, offen für viele Ideen, und oft auch philosophisch. Diese Qualitäten müssen wir Normalsterbliche jeden Tag pflegen, bei ihr sind sie einfach da. Und sie ist Kosmopolit, wie ich: ich spiele ein italienisches Cello mit französischen Bögen, ich nutze österreichische Saiten, trage eine indische Halskette, eine japanische Uhr… Viel wichtiger ist natürlich, offen zu sein für verschiedene Lebensstile, Denkweisen, Religionen, Ideologien. Leute unterscheiden sich eben, in der Kleidung, ihrem Lieblingsessen und auch wie sie musizieren. Wir sollten uns davon nicht bedroht fühlen.

Wer Martha Argerich im Konzert erlebt…

…der wird vor allem von ihrem unglaublichen Instinkt begeistert sein. Sie spielt ohne Umwege, manchmal auch unkonventionell. Aber wie alle großartigen Künstler kombiniert sie ihre Intuition mit einem intellektuellen Ansatz. Die Mischung ist nicht einfach hinzubekommen.

Sind Sie im Zusammenspiel mit ihren Interpretationsansätzen immer einverstanden gewesen?

Nehmen wir mal die Beethoven-Sonaten, die wir vor nun fast zwanzig Jahren in Nijmegen gemeinsam aufnahmen. Als ich die Bänder hörte, fand ich bestimmte Dinge erst einmal schockierend: bestimmte Tempi, oder die Dynamik. Aber es ist wichtig, für Neues offen zu sein, nicht von vornherein alles zu wissen. Von der Tradition beeinflusst zu sein, ist nicht immer nur gut. Ich sage immer, es gibt nur zwei Arten, ein Werk falsch zu interpretieren: wenn man es hässlich oder langweilig spielt. Keines von beiden habe ich je von Martha gehört.

Sie klingen – darf ich das sagen? – ganz schön verliebt!

Naja, es gibt ja verschiedene Arten verliebt zu sein. Und ich gebe zu, jedes Mal, wenn ich Martha treffe, verliebe ich mich ein bisschen neu in sie. Ich bin einfach sehr glücklich, dass wir befreundet sind.

Martha Argerich wird das Interview bestimmt nicht lesen. Verraten Sie schon mal, was Sie ihr zum Geburtstag schenken werden?

Oh, über ein gutes Geschenk muss ich erst noch nachdenken. Zu ihrem fünfzigsten Geburtstag schickte ich ihr fünfzig rote Rosen, und eine Postkarte mit einem Spruch von George Burns. Der meinte mit 90, die erste Hälfte seines Lebens wäre ja ganz schön gewesen, jetzt freue er sich auf die zweite. In diesem Sinne wünsche ich ihr und mir nun erst mal weitere dreißig Jahre wundervolles gemeinsames Musizieren!

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