Da blieb das Frühstücksei im Hals stecken: im sonntäglichen Vormittagskonzert streckte die Staatskapelle ihrem Publikum erst einmal die Zunge heraus. Alfred Schnittkes zehnminütiges Orchesterstück »"(K)ein Sommernachtstraum« beginnt ganz harmlos in C-Dur: eine unschuldige Violine geigt, vom Klavier begleitet, ein kleines Rondothema. Flöte und Cembalo übernehmen – und irgend etwas geht dann schief im Orchesterapparat. Die kakophonische Apokalypse lauert gleich hinter der nächsten Ecke…
Die freundlich daherschlendernde Melodie des nachfolgenden Konzerts für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart hörte man – vielleicht war das ja Schnittkes Intention? – also anfangs mit einigem Misstrauen… Aber nein, Katia und Marielle Labèque glitten keineswegs in die Kakophonie ab. Leichtfüßig sprangen sie durch die Sätze und vermieden die harmonischen Pfützen, in die Schnittke zuvor wie ein Kind genüsslich hineingepatscht war. Reizvoll wäre es, das Konzert einmal auf Pianos verschiedener Klangfarben statt im Steinway-Einheitston zu hören, wie es die längste Zeit seiner Aufführungsgeschichte aus rein praktikablen Gründen geschehen sein dürfte. Die dialogischen Echo- und Parodieeffekte bekämen dadurch einen ganz eigenen Reiz.
Nach der Pause entführte Dirigent Manfred Honeck in Antonin Dvoraks "neue Welt", in der er ja seit einigen Jahren das Pittsburgh Symphony Orchestra leitet. Bei den Musikfestspielen wurden das Orchester und sein Dirigent vor einem Jahr jubelnd begrüßt und erst nach drei Zugaben entlassen; nun übertrug sich dieser Schwung auch auf die Staatskapelle. Honeck malte Amerika als Land der krassen Gegensätze: mit gereckter Faust begrüßte er die Eingangsakkorde, gleißende Trompeten beschworen ein großes Schlachtengemälde. Und doch säuselten Geigen und Holzbläser andererseits im leichten Morgennebel der weiten Prärie fern und fast pittoresk elegisch – Karl May hätte seine Freude gehabt. Großer Jubel und Trampeln!
Eine Textfassung des Artikels ist am 11. Oktober 2011 in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.