„Willkommen, Bienvenue, Welcome“ hieß es zur ersten Spielzeitpremiere in der Staatsoperette Dresden. Das Musical »Cabaret« nach dem Stück „Ich bin eine Kamera“ von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood mit Gesangstexten von Fred Ebb und Musik von John Kander feierte vor 35 Jahren seine DDR-Uraufführung an der Staatsoperette. Seit Freitag ist es wieder in der Landeshauptstadt zu sehen.
Im Stück geht es um zwei Liebesbeziehungen verschiedener Generationen. Der junge aufstrebende amerikanische Schriftsteller Clifford „Cliff“ Bradshaw macht sich in den frühen 30er Jahren auf die Reise nach Berlin, um sich in der Hauptstadt für sein neues Buch inspirieren zu lassen. Auf Empfehlung des strammen Deutschen Ernst Ludwig, dem er unfreiwillig während der Bahnfahrt von Paris nach Berlin beim Schmuggel von Devisen für die NSDAP geholfen hat, mietet er sich in der Pension der resoluten Pensionswirtin Fräulein Schneider ein. Durch Ernst Ludwig kommt Cliff auch in den Kit-Kat-Club, wo er das exzentrische und vergnügungssüchtige Showgirl Sally Bowles kennenlernt. Sie ist neben dem zwielichtigen Conferencier der absolute Star des Etablissements. Wie sollte es auch anders sein: Sally und Cliff verlieben sich ineinander, werden ein Paar, und als Sally gefeuert wird, findet sie Zuflucht in Cliffs Pensionszimmer und wird schwanger.
Auch seine Pensionswirtin Fräulein Schneider hat sich frisch verliebt. Während ihrer Verlobungsfeier mit dem jüdischen Obsthändler Schultz, ebenfalls ein Pensionsbewohner, wird Cliff mit der Entwicklung des politischen Deutschland konfrontiert und überdenkt seine Zukunftspläne. Er will das Land sofort verlassen, doch Sally, die die Endzeitstimmung nicht wahrhaben will, entscheidet sich gegen das gemeinsame Baby und gegen Cliffs Angebot, in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Auch Fräulein Schneider löst sich von Ihren Hochzeitsplänen, als Fensterscheiben des Obstladens eingeworfen werden. So zerbrechen beide Beziehungen durch den nicht mehr aufzuhaltende Nationalsozialismus. Die Zurückbleibenden stehen vor einer ungewissen Zukunft…
Andreas Sauerzapf ist in der neuen Inszenierung von Robert Lehmeier ein Conferencier, wie er im Buche steht. Sowohl optisch als auch künstlerisch gelingt es ihm immer wieder, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Frederike Haas gibt eine attraktive und schauspielerisch sehr überzeugende Sally Bowles, jedoch mit kleinen gesanglichen Abstrichen. Im Song „Maybe this Time“ zeigt Haas ihre zarte, gefühlvolle Stimme, doch von einem Kit-Kat-Girl, wie Sally es ist, erwartet man auch rockige Seiten. Nicht immer gelingt es ihr, sich über das Orchester hinwegzusetzen. Allerdings muss man an dieser Stelle leider erwähnen, dass eine fehlerhafte Tontechnik die Sache oft nicht besser machte.
Weniger Probleme bei der Aussteuerung hatten die Techniker scheinbar bei Marcus Günzel. Als Cliff überzeugt er sowohl gesanglich als auch durch sein sicheres Spiel. Namhafte Verstärkung hat das Ensemble von Gloria Nowack (bekannt aus der Herkuleskeule) bekommen, die mit 65 Jahren ihr Debüt an der Staatsoperette gibt. Als witzige, turbulente Pensionswirtin zieht sie die Sympathien des Publikums vom ersten Auftritt an auf ihre Seite. Scheinbar problemlos meistert sie die doch relativ anspruchsvolle Partie des Fräulein Schneider. Schwerer hingegen hat es ihr Bühnenpartner Wolf-Dieter Lingk als Herr Schultz, der gesanglich leider nicht mit seinen Kollegen mithalten konnte.
Ob die Tatsache, dass immer wieder Besucher während der Vorstellung den Saal verließen, der Inszenierung von Robert Lehmeier geschuldet war? Dem Regisseur gelang es aus meiner Sicht durchaus, die Waage zwischen politischer Botschaft und amerikanischem Show-Musical im Gleichgewicht zu halten. Das Premierenpublikum war dann überwiegend doch berührt und bedankte sich bei den Darstellern am Ende mit lang anhaltendem Applaus.
Nächste Vorstellungen: 25., 26. Oktober, 17., 18. November, 8., 9. Dezember