Achim Jaroschek und Jasper van’t Hof sind Pianisten. Trotzdem griffen beide auch zu Sticks, ob mitten im Stück oder von vornherein. Kleine und große Hupen aus Plastik fanden ihren Einsatz; die Saiten des Flügels brauchten auch nicht immer nur durch die Tastenmechanik angeschlagen werden. Willkommen beim Free Jazz!
Achim Jaroschek, unverblümt im Rockeroutfit, saß zuerst hinter den Schlagwerken. Und ließ an seiner Rock-Vergangenheit keinen Zweifel, spielte verlässlich, als ob er eine Band begleitete. Aber allmählich wendete sich das Blatt: Immer wieder wich er von seinem Grundrhythmus ab, der später nicht mehr rockig, sondern nach afrikanischen Buschtrommeln klang. Nebenan sah es aus, als ob Jasper van´t Hof wie ein kleiner Junge das erste Mal die vielen Funktionen des Synthesizers und des Keyboards, die vor ihm aufgebaut waren, ausprobierte. Was er spielte, sah auf den ersten Blick nicht nach großer Kunst aus, machte ihm dennoch offensichtlich Freude, sollte so klingen. Und fesselte das Publikum, das sich nun in zwei Gruppen zu spalten begann: die Fans – und die, die nicht gewusst zu haben schienen, in was für ein Konzert sie gehen. Oder wie diese Musiker spielen. Mitwippende Köpfe und Füße waren auf der einen, skeptische Minen auf der anderen Seite zu sehen.
Jasper van´t Hof verzog sein Gesicht, tauchte in seinem Tun unter und ließ seine Finger über die Kunststofftasten rollen. Elektronische, orgelähnliche Töne mit Hall überschüttet hielt er lange aus und sorgte so für sphärische Stimmung. Dann ging er zum Flügel und improvisierte, bewies, dass er sehr wohl weiß, wie man herkömmlich jazzig Klavier spielt. Und ließ es gleich wieder sein, denn seine Hände huschten ohne grob erkennbares Prinzip über die Tasten. Spielten präzise und atemberaubend schnell und absichtlich genau und manchmal ein wenig versetzt gegen den Takt von Achim Jaroschek.
Ein Instrumententausch dann; Jaroschek am Flügel spielte leidenschaftlich, mal düstere, mal klassische, für alle Ohren im Raum harmonische Tonfolgen. Van´t Hof hielt dagegen, es entstand ein Dialog zwischen den Instrumenten, der sich stetig wandelte und doch ab und an , wie durch Zufall, gleichgesinnte Züge fand. „Wir machen jetzt eine Pause und danach, wenn wir noch können, gibt’s noch ein bisschen Musik.“ Jaroschek war da schon sichtlich erschöpft.
Die zweite Konzerthälfte unterschied sich nicht nennenswert von der ersten. Wieder waren abstruse, kreative Melodien und Sounds zu hören. Jaroschek steigerte sich am Flügel in seine Improvisationen hinein, zwischen romantischen Themen und Dreivierteltakt baute er wilde spontane Ideen ein. Achim van´t Hof wechselte von Gitarrenklängen zu Orgeltönen und sang versunken mit. Diese streitbare Musik wurde am Ende mit hier höflichem, da euphorischem Beifall gelobt. Die Musiker wirkten zufrieden, den hinreichend gefüllten Jazzclub Tonne unterhalten zu haben.