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Tanz im Theater

Dass der Gutmann-Saal im Societaetstheater nicht ausverkauft war, begründete der Jazztage-Intendant Kilian Forster damit, dass es die internationalen Stars besonders schwer hätten. Zu sehen jedoch gab es einiges: In der Mitte ein Bandoneon (Mikael Augustsson). Hinter dem Flügel, zwischen Synthesizer, Bongos und einem Macbook, saß Sverre Indris Joner, ohne den hier gar nichts lief.

Electrocutango beim Soundcheck, in Buenos Aires (Foto: PR)

Das erste Stück, „Felino“, begann mit elektronischen Rhythmen aus den Lautsprechern, dazu kamen eingängige Kontrabasstöne von Steinar Haugerud. Der Schlagzeuger Antonio Torner unterstützte die elektronischen Sounds, die das Macbook vorgab, mit seinen Sticks und konnte, weil der Grundrhythmus immer lief, sehr frei hier und da Akzente setzen. Die Klavierpassagen von Joner ergänzten den Klang mit höheren Akkorden und neuen Rhythmen. Die Hauptmelodie jedoch spielte Mikael Augustsson. Konzentriert setzte er Tangofeeling frei, improvisierte und gab dem Stück eine Stimme.

Im folgenden Stück „Vanguardia vieja“ begannen die Violinen, gestrichen von Odd und Inger Hannisdal, mit feinen Pizzicato-Tönen, die Bandoneonstimme mal zu verzieren und mal zu begleiten, stiegen mit entgegengesetzten Betonungen ein. Während vom Bassisten nur ein Kopfwippen als einzige Gefühlsregung zu erkennen war, wackelte Sverre Indris Joner mit den Schultern, während er sich am Flügel mit der einen, am Synthesizer mit der anderen Hand austobte. Und beendete schließlich das Stück, das Appetit auf Tangotanzen in Discos machte, mit überirdisch klingenden Sounds.

Electrocutango band das Publikum ein, mit zwei Klatschrhythmen sollte es das Stück bereichern. Brasilianische Milongaversionen erklangen; darin spielten sich die Instrumente die Melodien wie einen Ball immer wieder gegenseitig zu. Das Titelstück der aktuellen CD „Adrenalina“ fühlte sich genauso an: nervöses elektronisches Pling-Pling, darauf eine markante Keyboardpassage gaben dem Ganzen den Kick, sorgten aber auch für die entsprechende Erleichterung, als es endete. Und immer steuerte alles der Bandgründer, gab die Einsätze, wenn die elektronischen Takte nicht mehr allein sein sollten, veränderte das Computerprogramm leicht, wenn das Bandoneonsolo noch beklatscht wurde, oder ein wenig länger gedauert hatte, als vorgesehen. In jedem Stück steckte eine geschmackvolle Prise Tango, mit unterschiedlichen Einflüssen, nordafrikanische, mexikanische, und sogar animalische Laute bauten sie ein, in „Tangle“, was kurz ist für: Tango in the jungle.

Rauchige Geigentöne, haargenau abgepasst zackige Bandoneonsoli, die das Publikum auch durch Tempo und Qualität beeindruckten, malten eine temperamentvolle Stimmung in die Luft. Dann wieder hetzten Triolen durch die Stücke, lieferten sich Sverre Indris Joner an den Bongos und der aus Mexiko stammende Antonio Torner einen perkussionistischen Wettlauf gegen den Takt. Im einzigen akustischen Stück „Victoriosa“ wurde es lauschig. Andächtige Stille beherrscht den Raum. Langsam begleiteten sanfte Töne aus dem Flügel Mikael Augustsson, dessen Instrument leise atmete. Im Verlauf des Konzertes wurde aus dem anfangs still dasitzenden Publikum ein Meer von wippenden Köpfen, einige tanzten…

Nach gut 100 Minuten pausenloser tangogetriebener Musik tobte der Saal, standen die Leute sofort auf und forderten Zugaben. Dies war der Höhepunkt der Stimmung, denn das allerletzte, was der Konzertbesucher an diesem Abend hörte, waren gesellschaftskritische spanische Texte, gerappt von Sverre Indris Joner höchstselbst.

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