Er hätte es sich auch einfacher machen können. Gewohntes, bekanntes Allerweltsrepertoire für sein Instrument abspulen, eine brillante Zugabe solistisch obendrauflegen. Statt dessen aber hat Danjulo Ishizaka für sein Antrittskonzert als Celloprofessor an Dresdens Hochschule für Musik Carl Maria von Weber gründlich die Literatur gesichtet. Fündig wurde er zunächst im Märchen und bei Magyaren. Gemeinsam mit seinem kongenialen Pianisten José Gallardo, der aus Argentinien stammt, inzwischen aber ebenfalls – neben der eigenen Konzertkarriere – unterrichtend in Deutschland tätig ist, legte Ishizaka erst einmal den Tschechen Leos Janácek vor. Dessen Märchenstück „Pohádka“ entfesselte einen Zauber an Tasten und Saiten, der das Publikum sofort stark in Bann zog. Klug gewählt und gut gespielt, denn fortan lauschten die Gäste in höchster Konzentration dem weiteren Abend. Und es waren nicht nur künftige Cellistinnen und Cellisten im Saal, die da fast atemlos an der Musik klebten.
Der 1979 als Sohn deutsch-japanischer Eltern geborene Danjulo Ishizaka begeisterte alsdann mit der Solo-Sonate op. 8 h-Moll von Zoltán Kodály. Dieses muntere Werk aus dem Jahr 1915 ließ Raum für virtuoses Spiel ebenso wie für elegische Momente. Der Solist durfte sein Instrument singen lassen, sich selbst als stets griffsicherer Bogenmeister erweisen und obendrein ungarische Inbrunst zelebrieren. Ohne jedoch ins volkstümelnde Csardas-Sentiment abzudriften. Diese sehr ausdrucksstarke Sonate beinhaltet Leidenschaft ebenso wie Teufelscellistentum; der junge Professor beherrschte die Balance, sich einerseits ganz in den Dienst der Sache zu stellen und gleichzeitig wahrhaft genialisches Können vorzuführen.
Nach der Pause nahm er sich „Die Zauberflöte“ vor. Freilich die aus der Feder seines Mit-Bonners Ludwig van Beethoven. Dessen 12 Variationen für Klavier und Violoncello durchschifften das berühmte Thema „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Mozarts Oper mal spielerisch, mal beinahe balladesk, dann todtraurig in Moll, und immer wieder außergewöhnlich anspruchsvoll virtuos. Ishizaka und sein sichtlich teilnahmsvoller Begleiter deklinierten Papagenos Wunsch wie mit einem Perleffekt versehen durch und haben sich auch damit in die tiefgerührten Herzen gespielt.
Die Krone des Abends gebührt aber wohl Sergej Rachmaninows vor 110 Jahren entstandener Sonate für Violoncello und Klavier in g-Moll op. 19. In diesem haarsträubenden Werk – der Bogen des professoralen Solisten ließ abermals Dutzende Ross-Strähnen – entfaltete sich der Cellist in breit ausgestellten Cantilenen, perlte der Mann am Klavier meisterhafte Fingersatz-Eskapaden, gelang den beiden ein gemeinsames Musikantentum, das die gesamte Skala von rührend bis hinreißend tolldreist umfasste.
Man hätte die Musik und das Können – nach gut zwei Stunden Spieldauer – so im Raum stehenlassen können. Aber die Begeisterung überwog, Ishizaka und Gallardo wurden nicht ohne Zugabe entlassen. Mit Rachmaninows drittem „Moment musicaux“ aus op. 16 wurde dieser Antrittsabend still und einnehmend beschlossen.
Was diese Hochschule für Lehrmeister hat und was sie damit auch der Stadt zu bieten hat, sollte sich noch viel, viel mehr herumsprechen in Dresden. Schon bald, am 28. November, folgt das nächste Antrittskonzert, dann mit dem Kontrabassisten Jurek Dybal. Der 1977 geborene Pole ist seit 2006 Stimmführer am Staatsopernorchester Wien.
Hörtip: Danjulo Ishizaka – Cello Sonatas (Mendelssohn, Britten, Franck), Klavier Martin Hellmchen; Sony Classical