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Erschöpft, aber glücklich

Angriffslustig knallten die Paukenschlegel am Freitag: "Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!". In der Frauenkirche erklingen seit nunmehr sechs Jahren alle Kantaten des Bachschen Weihnachtsoratoriums an einem Abend; musikalisch ist mit diesem dreistündigen Marathon sozusagen die Festsaison offiziell eröffnet. Und dieses Mal sind noch spannendere Hörvergleiche als sonst zu erwarten. Tritt doch neben Kantor Grünert und natürlich den Platzhirsch Kreuzchor dieses Jahr nach einem Vierteljahrhundert Pause auch wieder die Staatskapelle auf den Plan. Kampflos, das wurde am Freitag in jeder Sechzehntelnote hörbar, wird der Hausherr seinem Dirigentenkollegen Christian Thielemann die Frauenkirche nicht überlassen.

Erschöpft, aber glücklich: das Publikum nach dem dreistündigen Kantatenmarathon (Foto: M.M.)

Nicht nur die Choräle waren, da die Konzerte für eine CD-Veröffentlichung mitgeschnitten wurden, bis ins kleinste Detail zurechtgeputzt. Grünert ließ den Kammerchor der Frauenkirche beschwingt agieren, formte die Musik jedoch immer auch nach dem Text aus. Fein ausbalanciert und vital intonierten die Sängerinnen und Sänger, und schienen die forschen Tempi des Kantors bisweilen tatsächlich noch zu forcieren. Das aus Kapell- und Philharmoniekollegen bestehende "ensemble frauenkirche" hat sich daneben klanglich wohltuend diszipliniert. Wohl gestatteten sich die Streichersolisten eine weichere Tongebung in den Arien, ansonsten war Zucker konsequent vom Speiseplan verbannt. Ein schlanker, vibratoloser Ton herrschte vor, der die Musik auch im rasanten Vorwärtspreschen kristallklar erscheinen ließ.

Markus Brutschers exaltierte Lesart des Evangelisten polarisiert die Geschmäcker sicherlich, und forderte, ob er nun in der Frauenkirche oder beim Kreuzchor zu Gast war, stets die Reibung mit den übrigen Solisten heraus. Pointiert erzählt Brutscher mit bisweilen sehr scharfer Stimme die Weihnachtsgeschichte, akzentuiert einzelne Silben fast wie Dolche. Mit den durchweg bewährten Solisten Jana Büchner, Britta Schwarz und Gotthold Schwarz rundete sich das Bild dieses Jahr aber ohne stilistische Einbußen. Das Publikum jubelte am Ende erschöpft, aber glücklich: ein zu Recht selbstbewusster, ein geradezu furioser Auftakt!

Eine Textfassung des Artikels ist am 5. Dezember 2011 in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.

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