Seit letzen Freitag ist ihr mittlerweile achtes Studioalbum »LYAMBIKO sings Gershwin« erhältlich. Warum Gershwin?
Da muss ich ein wenig ausholen. Wir hatten auf dem Vorgängeralbum hauptsächlich neue und eigene Kompositionen und sind eigentlich ziemlich vom Jazz weggegangen mehr ins Moderne. Nachdem wir dann auch eine Weile mit dem Programm unterwegs gewesen sind, hatten wir wieder das Bedürfnis Swing zu spielen. Wir haben dann ein paar Sachen ausprobiert und dann war natürlich die Idee auch mal wieder ein Swing-Album aufzunehmen. Ich bin durch jemanden auf das Stück »Who cares?« von Gershwin gekommen und das Stück war mir vollkommen fremd. Ich hatte davon noch nie gehört und dachte, es muss doch möglich sein mal zu schauen, was es denn noch so von Gershwin gibt. Und als ich es dann für mich entdeckt habe, wollte ich es direkt eins zu eins auf ein neues Album umlegen. Und dann ein Album aufnehmen mit den Stücken, die man so von Gershwin kennt, aber auch noch nicht kennt oder sehr selten gehört hat. Ich wollte mir auch unbedingt die Verses ansehen, also die Einleitungen in die Stücke, die ja im Jazzclub nicht unbedingt gespielt werden. Wer kennt denn schon die Einleitung zu »I Got Rythm«? Wir haben dann auch von jedem Stück diese Verses aufgenommen und haben uns dann im Nachhinein die Rosinen rausgepickt.
Bei dem Album »Saffronia« – eine Hommage an Nina Simone – sollen von dem ersten Gedanken bis zur Veröffentlichung acht Jahre vergangen sein. War das beim neuen Album ähnlich?
Das haben wir relativ schnell umgesetzt. Wir hatten auch eine sehr intensive Aufnahmewoche. Wir haben letztendlich wahnsinnig viel Musik gehabt. Und einiges nicht auf das Album nehmen können. Leider.
George Gershwin wurde nur 39 Jahre alt, war aber ein sehr produktiver und vielseitiger Komponist. Wie gestaltete sich denn so die Grundauswahl der Stücke?
Es war eigentlich relativ einfach. Ich hab im Internet recherchiert und habe ausgewählt: was ist singbar, was wurde schon mal gesungen und was könnte dann letztendlich auf das Album kommen? Gemeinsam mit den Kollegen habe ich entschieden: was bleibt drin, was kommt raus. Und nichtsdestotrotz ist einfach so viel übrig geblieben, dass wir auch nicht alles aufnehmen konnten.
Wie viel Persönliches steckt in diesem Album?
Ich denke schon ein ganzes Stück. Die Musik wurde zwar vor achtzig, neunzig Jahren geschrieben, aber nichtsdestotrotz ist es ja unsere Interpretation. Unsere musikalische Seite fließt mit ein, unsere Erfahrungen als Musiker im Jetzt und Heute. In bestimmten Stücken war es wirklich so, dass ich sagen konnte: Guck an, das ist ja fast schon autobiographisch. Der Text hat sehr gut auf mich gepasst…
… welcher Song zum Beispiel?
Also vielleicht nicht eins zu sein, aber zum Beispiel »Boy! What Love Has Done To Me!« Es kann eigentlich jeder auf sich selbst beziehen. Es ist halt eine lustige Geschichte, in der es darum geht, wie man sich in den einen verliebt, der einem nicht das tollste, finanziell ausgepolsterste Leben versprechen kann. Sondern er ist halt der eine, er hat das gewisse Etwas.
Neunzig Jahre alt ist diese Musik, und passt irgendwie immer noch.
Absolut!
Ella Fitzgerald, Frank Sinatra und Louis Armstrong haben sich Gershwins Stücken angenommen. Hatten Sie großen Respekt vor dem Repertoire?
Ich habe mich nicht so an dem Gedanken aufgehängt, wer bereits die Musik von Gershwin interpretiert hatte. An und für sich war mehr der Respekt von Gershwin selbst und seiner Musik da. Es gibt schon wahnsinnig viele Interpretationen seiner Stücke, aber es gab eben noch keine von mir. Dann war es dann einfach mal so vermessen. Ich habe gesagt, es gibt sie noch nicht von mir und wer LYAMBIKO hören will, der will sicherlich auch Gershwin von LYAMBIKO hören.
Die Chartplatzierungen des Albums sind gut – Bestätigung, dass Sie alles richtig gemacht haben?
Es ist jetzt für mich eine wahnsinnig aufregende Zeit zu sehen, was passiert und eben auch zu schauen, wie die Musik beim Publikum ankommt und es stimmt mich so ein bisschen schon ein auf die Tournee.
Die Tournee beginnt ja schon am Freitag. Wie bereiten Sie sich bis dahin noch vor?
Also im Moment sind hoffentlich alle Kollegen ganz fleißig im Kämmerchen zu Hause und am Mittwoch treffen wir uns alle zum Proben. Ja und dann muss das alles sitzen. Wir haben die Musik gespielt, wir haben sie aufgenommen, jetzt muss alles stimmen. Ich denke das allerwichtigste ist die mentale Vorbereitung. Das man sich auch vollkommen auf das neue Programm einlassen kann.
Sie spielen am 26. Februar ein Sonderkonzert im Rahmen der Jazztage Dresden. Die Stadt hat zu George Gershwin ja auch ihre eigene Beziehung, da seine Musical Comdey »Pardon My English« ebenda spielt. In dem Musical wird viel mit Klischees, natürlich auch mit deutschen, gespielt. Gibt es denn ein typisch deutsches (Jazz)-Publikum?
Um die Frage besser beantworten zu können, wäre meine amerikanisch/kanadischen Kollegen besser geeignet. Die können dann immer so ganz witzige Sachen sagen. Von dem was ich bis her von der Welt mitbekommen habe, von der Bühne aus, ist das deutsche Publikum ein sehr aufmerksames. Sie kennen viel, gehen mit. Dadurch, dass sie kulturell viel geboten bekommen, sind sie wählerischer. Sie sind intensiver Zuhörer, die auch viel mehr Feinheiten hören. Aber ein typisch deutsches Publikum gibt es nicht.
Was erwarten Sie von der Tour? Worauf freuen Sie sich?
Da wir auf der Tour an einigen Veranstaltungsorten spielen, die wir schon kennen, freuen wir uns die Veranstaltungsteams wiederzusehen. Aber genauso bin ich gespannt auf die neuen Orte. Ich freu mich besonders darauf, wieder mit der Band im Tourbus zu sitzen und Kilometer um Kilometer zu fahren. Und dass ich unseren Tourtechniker mal wieder sehe. Denn das ergibt sich ja auch nur, wenn wir auf Tour sind. Und was das Allertollste ist, neue Leute kennenzulernen, vor dem Publikum zu stehen und mit den Leuten noch den ein oder anderen Schwatz zu halten – das machen wir immer ganz gerne nach dem Konzert. Es gibt viel, worauf es sich zu freuen lohnt.
»LYAMBIKO sings Gershwin« ist seit dem 3. Februar erhältlich. Die Record Release Tour startet am 10. Februar. In Dresden wird sie am 26. Februar, 20 Uhr im Societaetstheater zu sehen sein.