Mit Tangofeeling fängt alles an, ein heftiger Auftakt, der schon mal die Richtung vorgibt. Ganz klar, worauf es hinauslaufen soll. Verführungskünste vom Feinsten. Da spielt ein besoffener Kontrabass mit, werden Rhythmen mehr gestanzt als gesetzt, reißen perlende Klavierläufe hoch und wieder runter – wer dazu Stimmungsmusik sagt, meint gewiss sowohl die rauschende Stimmung, in der diese Musik entstanden sein muss als auch das, was sie beim Anhören auslöst. Was ist denn ein Tango anderes als ein schier endloses Vorspiel?
Die CD „Nocturne“, die frisch von TriOzean eingespielt worden ist, klingt tatsächlich sehr lustvoll. Freilich nicht nur im anzüglichen Sinn, sondern auch ganz und pur künstlerisch. Die vom Ural stammende Pianistin Olga Nowikowa hat zwei ihrem virtuosen Spiel ebenbürtige Musiker versammelt und mit denen bereits 2008 ein erstes Album produziert. Damals sortierten die drei ihre Musik unter dem fragwürdigen Stichwort Popjazz, nachzuhören auf ihrem Erstling „Polar“.
Für „Nocturne“ sollten sich griffigere Kategorien finden lassen. Zu sprudelnd ist der Einfallsreichtum dieser nur neun Titel, zu abwechlungsreich sind Rhythmik und Melodik, zu brillant der spielerische Umgang mit den drei ineinander verwobenen Instrumentalparts.
Wen Sorge oder Hoffnung umgetrieben haben, dass es nach dem schwülen Auftakt ähnlich anspielungsreich weitergeht auf dieser Scheibe, dürfte sich spätestens beim Wettlauf des „Kleinen Muck“ eines Besseren belehren lassen. Falls nicht zuvor schon beim „Nocturne en chocolat“ schwachgeworden. Tänzerisch gastiert im einzigen von Schlagzeuger Krishan Zeigner komponierten Titel der Saxofonist Michal Skulski und sorgt für hübsche Ornamente. Alle anderen Stücke hat mit Olga Nowikowa die in sämtlichen angespielten Genres überzeugende Pianistin der Band selbst verfasst und gemeinsam mit ihrem Drummer sowie dem Bassisten Lars Födisch arrangiert.
Das Trio schippert tatsächlich durch und über den Ozean der Möglichkeiten, stellt klassische Anklänge neben eingängigen Tonfolgen, gibt jedem Mitglied die Chance zu virtuoser Entfaltung und fügt sich doch wieder zu einem gemeinsamen Geist.
Derzeit tourt TriOzean mit seinen Nachtstücken durch die Lande und geht am Samstag im Dresdner Jazzclub Tonne vor Anker. Da dürften also nicht nur Tango-Freunde und Liebhaber schokoladig dunkler „Nocturnes“ auf ihre Kosten kommen.