Dass eine Stadt die Ehre hat, angesehene Jazz-Koryphäen im Opernhaus empfangen zu dürfen, ist eher selten. Die Dresdner hatten sie: Jaques Loussier, Herbie Hancock, das Esbjoern Svensson Trio, zuletzt Tomasz Stanko wurden auf der Bühne der Semperoper in Empfang genommen.
20 Jahre lang fanden sich in regelmäßigem Abstand die Starmusiker ein, präsentierten ihre Kunstfertigkeit und begeisterten das Publikum. Doch dies gehört nun der Vergangenheit an. Im Februar verkündete die Intendantin der Semperoper, Dr. Ulrike Hessler, dass die Reihe »Jazz in der Semperoper« in absehbarer Zeit nicht mehr Teil des Saisonprogramms sein wird. Der Grund soll die ausgelastete Bühne sein, die bei etwa 355 Vorführungen im Jahr und den dazu notwendigen Proben keinen Platz mehr für Jazz lässt.
Doch was geht den Dresdnern dadurch verloren? Initiiert wurde die Reihe durch den damaligen Direktor Roland Beneke, der den Traum hatte, einst seinen Idolen wie Oscar Peterson gegenüber zu stehen. Nachdem er in den Ruhestand gegangen war, übernahmen der damalige Dramaturg Hans-Georg Wegner und der Jazzbegeisterte Matthias Creutziger die Aufgabe der Organisation.
Matthias Creutziger schildert seine damalige Motivation im Gespräch: er opferte seine Freizeit gern, um den Dresdnern die Möglichkeit zu bieten, in der Semperoper die Musik und Künste aus verschiedensten Regionen zu erleben. „Ich habe mich bei der Organisation in einem sehr guten Klima befunden und genoss das Vertrauen der Semperoper ohne Einschränkungen.“ Um Es war, erinnert sich Matthias Creutziger, eben und besonders die „Location“, die die Starmusiker selbst besonders motivierte und sie stets zu Konzerten der Extraklasse motivierte.
Die Frage, ob »Jazz in der Semperoper« fortgeführt werden kann, steht nun im Raum. Wie sähen die Lösungsvorschläge aus? »Jazz in der Semperoper« – außerhalb der Semperoper? Andere Projekte des Jahresprogramms streichen? Jazz dennoch in das Programm einbringen, zumindest ein bis zwei Mal im Jahr?
Das Hochwasser in Dresden erreichte im Jahre 2002 auch die Semperoper, die durch diese Katastrophe dazu gezwungen war, Jazz in der Semperoper in den Kulturpalast zu verlegen. Mit ebenso prominenten Musikern war es jedoch – trotz einer neuen Kooperation mit der Technischen Universität Dresden – nicht möglich, das Publikum in der gleichen Zahl zu motivieren. Der jazzbegeisterte Chefredakteur des Universitätsjournals, Mathias Bäumel, sieht den Grund darin, dass das Publikum zwar Wert auf die Qualität der Musik legt, der Genuss aber eben auch mit der Besonderheit des Ortes einhergeht. Demnach wäre die Umsiedelung der Jazzreihe in ein anderes Gebäude wohl kaum lukrativ.
Fakt ist: in Zeiten, in denen es durch das Internet und weiteren neuen Medien den Menschen auf einfachste Weise ermöglicht wird, eigene Musikinteressen voll auszuleben und die Kunst und Kultur der ganzen Welt kennenzulernen, wäre es optimal, diese Art des Kunstgenusses mit der live-Erfahrung der Stars in der Semperoper zu untermalen. So bleibt uns nur die Hoffnung, die Jazz-Heroen irgendwann wieder einmal mit Applaus und Standing Ovations in der Semperoper Willkommen heißen zu können.
Nicola Yuriko Kunder