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Russen in Dresden

Dass ein Konzert aus drei Programmen besteht, hat Seltenheitswert. Auch bei der Sächsischen Staatskapelle. Im 9. Symphoniekonzert zu Beginn dieser Woche war es einmal soweit. Unter der musikalischen Leitung von Gastdirigent Kirill Petrenko und mit dessen russischen Landsmann Boris Berezovsky am Piano standen ausnahmelos Werke von Sergej Rachmaninow und Alexander Skrjabin auf dem Programm. Das aber umfassts summa summarum drei Klavierkonzerte, eine Sinfonie und ein Poem für Orchester.

Wer das Glück hatte, am Sonntag oder am Dienstag in die Semperoper zu gehen, wurde mit Rachmaninows Klavierkonzerten Nr. 3 d-Moll op. 30, Nr. 4 g-Moll op. 40 sowie mit Skrjabins Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 43, dessen Klavierkonzert fis-Moll op. 20 sowie „Le Poème de l'Extase“ op. 54 verwöhnt. An beiden Tagen, versteht sich.

Wer nur am Montag zum Konzert kam, erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Das 4. Klavierkonzert von Rachmaninow ist insgesamt eher spröde und weniger eingängig geraten. Berezovsky beherrschte seinen Part selbstredend völlig mühelos, aber leider auch ohne Inspiration. Wer mit diesem Herangehen nun wen angesteckt haben mag, sei dahingestellt. Fakt ist, auch dem Orchester gelangen plötzlich keine großen, alles umfassenden Bögen mehr, die Stimmgruppen wirkten separiert, einzelne Satzphrasen zerfaserten sich, das Konzert klang wie eine Abfolge von zusammenhangslosen Kurzzitaten. Die aneinandergereihten Takte wirkten seltsam freigestellt, als gäbe es keinen gemeinsamen Atem. Dass danach überhaupt noch eine Zugabe eingefordert zu sein schien, war schon überraschend, sollte aber nicht die letzte Überraschung des dreimal aufgeführten Konzerts bleiben.

Denn nach der Pause wirkte das Orchester wie ausgetauscht, spielte plötzlich hellwach, mit geradezu provokanter Eleganz. Skrjabins „Göttliches Poem“, diese vor genau einhundert Jahren unter Ernst von Schuch erstmals in Dresden aufgeführte 3. Sinfonie, bot hingebungsvolle Momente der Innigkeit, des orchestralen Aufbrausens, des gemeinschaftlichen Begehrens nach Wahrnehmung. Wo ist dieser Gestaltungswille denn nur vorher gewesen?

Dass die Konzerte dennoch ausverkauft gewesen sind, spricht für sich. So wird es auch beim 10. Symphoniekonzert sein, wenn Ehrendirigent Colin Davis am Pult der Kapelle steht. Er präsentiert am 6., 7. und 8. Mai ein reines Mozart-Programm. Allerdings mit wechselnden Solisten: Neben der g-Moll-Sinfonie KV 550 und der Serenata notturna D-Dur KV 239 stehen das Violinkonzert D-Dur KV 218 sowie das Klavierkonzert d-Moll KV 466 auf dem Programm. Die Solisten darin sind der Violinist Nikolaj Znaider (6. Mai) sowie der Pianist Jonathan Biss (7. und 8. Mai).

Es bleibt also spannend, auch wenn es mal nicht um die Russen in Dresden geht. Herzlich, bis nächsten Freitag –

Michael Ernst

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