Nach eigenen Aussagen hat „Hildegard Lernt Fliegen“ das Vorschulalter bereits hinter sich. Bei ihrem Eintritt ins Gymnasium haben sie sich scheinbar immer noch nicht gerade biegen lassen. Wer von diesem ziemlich genial-schrägen Sextett eine Musik erwartet, die in Worten des Mainstream fassbar wird, sollte sich lieber anschnallen.
Eine Schreibmaschine klimpert, ein Horn trötet, der Sänger singt. Nur nicht so, wie man es kennt. Denn manchmal hustet er auch, oder legt sich mit seinem Beatboxing mit dem Drummer Christoph Steiner an. Die Witze in den Ansagen zwischendurch bereiten das Publikum auf das vor, was gleich kommen wird: etwas erfrischend Anderes. Was Lustiges, Eckiges, Schräges. Die kollektiven Bläserausrufe zum Beispiel. Matthias Wenger am Alto und Tenor, Benedikt Reising am Baritone, Andreas Tschopp an der Posaune und am Sousaphon – diese Jungs klingen nicht wie jedermann. Manchmal schimmert da irgendwo eine traditionelle Jazztradition durch, aber nie ohne Augenzwinkern. Und in anderen Songs wird man von quirligen Aussagen der Saxophone regelrecht vor den Kopf gestoßen. Ein Hickser. Eine kurze Melodie aus einer ganz anderen Kultur, die aus dem Nichts aufkommt. Übt da grad jemand klassischen Gesang? Auch schien da irgendwo eine Platte im Spieler zu hängen, Marco Müller am Bass steht bereits wieder in den Startlöchern zum neuen Anlauf. Manchmal wird es übrigens auch gefährlich. Bei Stücken wie „Rezitae Furjie Furjie“ fragt man sich, ob da ein bereits leise fletschendes, knurrendes Tier im Hintergrund ansetzt, die Band samt Publikum zu verschlingen. Ja, diese Musik macht Appetit auf mehr.
Der Frontsänger und Komponist Andreas Schaerer hat „Hildegard lernt fliegen“ 2005 gegründet. Seine Geschichten erzählt er in einer ganz eigenen Sprache, die keine Angst vor Brüchen hat, sondern diese nutzt, um eine fesselnde Weltsicht auf die Bühne zu bringen. In seiner Arbeit mit der Band kommt alles humorvoll und leicht rüber. Die Performance im Konzert, die begehrten ersten auf CD gepressten Studioaufnahmen, die Texte und Ankündigungen, der Umgang mit musikalischen Parametern. Eine eigene Welt eben.
Die Band tourt mit ihrer neuen Veröffentlichung auf CD und DVD gerade durch Europa. Nach Auftritten in Russland und bei Jazzahead heißt die nächste Station nun „Tonne Dresden“. Wer die Musik immer noch nicht so richtig einordnen kann, sollte sich keinen Kopf machen. Vielleicht hilft da der schräg-charmante Video Clip zum Song Seldom was covered with snow and an old oak zur Einstimmung auf den Samstag.