Schon die ersten Töne des Barockorchesters gaben den Maßstab an. Die Wiener Akademie spielte erfahren, konzentriert synchron, kostete jeden Ton voll aus und reagierte aufmerksam auf jede Regung ihres Dirigenten. Dieser, Martin Haselböck, und Birgit Hutter hatten die Idee für das Stück „The infernal Comedy. Confessions of a serial killer“ von Michael Sturminger geliefert. Im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele war das Schauspielhaus bis unter das Dach gefüllt für dieses besondere Stück Musiktheater. Dem Publikum wird da eine bizarre, unterhaltsame Geschichte geboten. Gegliedert in acht Kapitel, die je ein Thema verfolgen, erzählte Unterweger, wie die Presse sein Leben verkaufte. Die Handlung basiert auf der Geschichte des Jack Unterweger, eines österreichischen Serienmörders, der sich 1994 das Leben nahm.
Die Form ist sehr einfach: Musik und Theater, abwechselnd. Die Arien und Instrumentalstücke waren ausgewählt aus Altbewährtem, Mozart, Gluck, Beethoven und Haydn waren mit von der Partie und fungierten als Intermezzi zwischen den Monologen des einzigen Schauspielers dieses Werks. Und da sprühte es auf der Bühne nur so vor Unterhaltung und Spannung.
Allein John Malkovichs Erscheinen wurde mit Applaus bedacht. Völlig berechtigt, wie sich herausstellte: Die Rolle schien ihm auf den Leib geschneidert. Er verkörperte Jack Unterberger als kalt berechnenden, von den Medien dominierten und von Frauen abhängigen Mann. Mit halb sarkastischem Witz, über das Leben und seine Freuden sinnierend, gab Malkovich einen durchtriebenen Charmeur, einen sympathischen Irren. Herrlich amüsant verschmähte er die klassische Musik hinter sich, unterbrach den Dirigenten, flirtete unablässig mit Frauen, im Orchester und im Publikum.
Doch die Grausamkeit seiner Taten blieb dabei nicht verborgen. Die beiden Sopranistinnen Sophie Klussmann und Martene Grimson spielten diverse Frauenfiguren aus Unterwegers Leben. Besonders interessant war die Kombination aus ordinärer Sprache in den Monologen und den kunstvoll gesungenen Arien. Grimson sang als Unterwegers Mutter ergreifend schlicht Vivaldis „Sposa son disprezzata“ aus „Ottone in Villa“; die Höhen entwaffnend mild mit einem Hauch Vibrato. Ebenso wie ihre Kollegin machte sie sich die Dynamik Untertan und transportierte so höchst eindrucksvoll verschiedenste Stimmungen. Sophie Klussmann präsentierte ihre Arien mit wunderbar klarem, aber nicht scharfem Gesang. Sie sprang für die erkrankte Bernarda Bobro ein, ließ sich dies aber nicht anmerken und fabrizierte ihre Rollen mit selbstverständlicher Sicherheit und überzeugendem Spiel.
Das Stück durchzog eine immerwährende Interaktion zwischen Orchester, Protagonist und den Sängerinnen, welche hier für Kuriosität, da für Dramatik sorgte. Schmerzvolle oder schmachtende Arienzeilen, famos drastisch präsentiert, würzten die kaltschnäuzigen und sich selbst analysierenden Erläuterungen Unterwegers.
Wunderbar einfühlsam musizierte das Orchester, das auch auf der Bühne platziert war, unter dem lässigen aber konkreten Dirigat Haselböcks. Ein dichter, bunter Klangteppich entstand darüber, darunter, darum herum, leitete ein und aus und über, rundete ab, begleitete, ergänzte musikalisch, was thematisch behandelt wurde. Der Umgang mit diesem doch gruseligen Thema passiert in dieser Produktion sehr unverkrampft, kreativ und kurzweilig, aber doch seriös. Mit Witz, Charme, Spannung und herrlicher Musik wurde das Publikum am 23. Mai betört und honorierte dies mit lang andauerndem Beifall.
In Deutschland gastiert „The infernal comedy. Confessions of a serial killer“ am 23. in Stuttgart, 24. Juni in München und am 25. Juni in Berlin.