Chemnitz, Stadt der Moderne. Mit diesem Slogan wirbt die Stadt und gemeint sind damit zunächst die Museen. Insbesondere die ausgezeichnet präsentierten Kunstsammlungen der Stadt mit hervorragend kuratierten Sonderausstellungen und einer ständigen Ausstellung eben jener Zeugnisse der Moderne, als in Chemnitz der Aufbruch vor allem in der Bildenden Kunst großzügige Förderung durch Sponsoren und Mäzene fand.
Seit ein paar Jahren lockt das Museum Gunzenhauser im ehemaligen Hauptgebäude der Sparkasse von 1930 Kunstfreunde in die Stadt. Der Sammler Dr. Alfred Gunzenhauser überließ dem Museum seine Sammlung mit fast 2500 Werken deutscher Kunst des 20. Jahrhunderts. Hier lohnt der mehrmalige Besuch, denn die Ausstellung wird immer wieder verändert um in einem Rotationsprinzip das breite Spektrum der Werke wenigstens annähernd sichtbar machen zu können. Zur Sammlung Gunzenhauser gehören fast 300 Werke von Otto Dix und so reich wie in Chemnitz dürfte der Expressionist Alexej von Jawlewsky auch nirgends sonst vertreten sein. Dazu kommt, dass die innere Umgestaltung des Sparkassengebäudes ob ihrer architektonischen Raffinesse ebenfalls den Besuch lohnt wie die Angebote der Wechselausstellungen von Gegenwartskunst im Erdgeschoss. Diesen raschen Aufstieg in die gehobene Liga der Museumsstädte verdankt Chemnitz nicht zuletzt der so umsichtigen wie weltgewandten Leitung ihrer Städtischen Kunstsammlungen durch die Generaldirektorin Ingrid Mössinger.
Will man zu den Kunstsammlungen, ist das Opernhaus nicht zu übersehen. Als attraktives Gebäude von 1909, zwischen dem König-Albert-Museum, den Kunstsammlungen, und der neogotischen Petrikirche krönt es einen der wenigen attraktiven Plätze der im zweiten Weltkrieg schwer zerstörten Stadt. Auch das Opernhaus war zerstört, 1951 wurde es wieder eröffnet und setzte wesentliche Akzente des Musiktheaters in der DDR. Seit 1992, nach umfassender Sanierung und Neugestaltung gehört es zu den modernsten Theatern Deutschlands.
Auch dies ein Platz der Moderne, denn für die vielen Wiederaufführungen vergessener und unbekannter Werke in zeitgemäßen Inszenierungen von besonderer musikalischer Qualität findet sich das Chemnitzer Opernhaus in jährlichen Kritikerumfragen beständig in besten Positionen. Schon zweimal ging der Deutsche Theaterpreis DER FAUST für Oper und Ballett nach Chemnitz, zuletzt auch der Preis des Verbandes Deutscher Bühnen- und Medienverlage. Davon kann die Staatsoper Dresden nur träumen.
Für diese jüngste Erfolgsgeschichte des Musiktheaters in Chemnitz stehen Namen. Einmal der des Generalintendanten Bernhard Helmich und der des Generalmusikdirektors Frank Beermann. Helmich, dessen letzte Spielzeit gerade läuft, bevor er die Oper in Bonn übernimmt, zeichnet sich aus durch unentwegte Entdeckerfreude, sei es im Hinblick auf Vergessenes, auf Neues in Form von Uraufführungen oder auch mit dem Geschick sich die Rechte für Erstaufführungen in Deutschland zu sichern.
Mit der Robert-Schumann-Philharmonie steht ein ausgezeichnetes Opern- und Konzertorchester zur Verfügung, das Ensemble kann sich wahrhaft hören lassen und etliche Gäste sind dem Haus treu verbunden. Frank Beermann zieht als Dirigent da voll mit, auf sein künstlerisches Konto gehen etliche der Chemnitzer Opernerfolge.
In dieser Saison gibt es natürlich ein verhältnismäßig großes Angebot der Werke von Richard Wagner. Kein Ring! Gut so, das machen die anderen: Leipzig ist nicht weit, Halle auch nicht, Dessau erreichbar und die reisefreudigen Mitglieder des Wagner-Vereins trifft man sowieso überall als weltweite Ring-Pilger. Chemnitz nimmt aus seinem Wagner-Repertoire „Tannhäuser“ und „Tristan und Isolde“ wieder auf, als Neuproduktion, in Kooperation mit dem Staatstheater Darmstadt, gibt es ab 1. Juni nächsten Jahres „Parsifal“, Dirigent Frank Beermann, Regie führt John Dew.
Es war der Schlager des Tenors Joseph Schmidt in dem Erfolgsfilm der UFA „Ein Lied geht um die Welt“, die Arie des Vasco da Gama aus der Oper „Die Afrikanerin“ , „O Paradis“, deutsch gesungen „Oho Paradieso…“. Es ist noch immer ein Hit der Tenorparaden, aber wer kennt das ganze Werk von Giacomo Meyerbeer mit dem Libretto von Eugène Scribe? Das lässt sich ändern, ab 2. Februar gibt es die Aufführung der ganzen Oper, sogar als Erstaufführung der revidierten Fassung im Chemnitzer Opernhaus. Frank Beermann am Pult, Jakob Peters-Messer führt Regie, MDR-Figaro und Deutschlandradio Berlin übertragen live, cpo produziert eine Gesamtaufnahme. Und das alles vor den Toren Dresdens.
2010 wurde in London die Oper „Die Herzogin von Malfi“ des aus Dresden stammenden Komponisten Torsten Rasch uraufgeführt. In Chemnitz gibt es am 23. März die deutsche Erstaufführung, Regie führt Dietrich W. Hilsdorf, nach wie vor einer der interessantesten Regisseure des Musiktheaters. Mit Puccinis Dauerbrenner „Madama Butterfly“ gibt die junge Regisseurin Anja Krietsch ihr Debüt in Chemnitz.
Nicht zu vergessen das Ballett in Chemnitz! Derzeit tanzen unter der Leitung von Lode Devos 22 Tänzerinnen und Tänzer in Sachsens drittgrößter Kompanie.
Ballett in Chemnitz, dazu gehört auch die Erinnerung an die Zeiten als noch in Karl-Marx-Stadt getanzt wurde. Mit dem Choreografen Hermann Rudolf war hier eine Truppe auf der Bühne, die zu den stärksten der DDR gehörte und Rudolfs heiteres Erfolgsballett „Die drei Schwangeren“ zu Musik von Rossini wurde sogar im Westen getanzt. Rudolph ist sogar einer der drei (!) Choreografen aus der DDR, dessen Namen Reclams Ballettführer nennt – neben Emmy Köhler-Richter und Tom Schilling.
Aktuell konnte Lode Devos mit seiner Kompanie gerade letzte Spielzeit einen vielbeachteten Erfolg verbuchen. Die angesagte Nachwuchschoreografin Natalia Horecna inszenierte in „Bilder einer Ausstellung“ einen exzellenten, schrägen und schwarzhumorigen Tanzvulkan. Wenn in dieser Saison Jochen Ulrich seine Version von Tschaikowskys „Nussknacker und Mausekönig“, am 10. November, vorstellen wird, dürften auch etliche Überraschungen dabei sein.
Der belgische Choreograf Ben Van Cauwenbergh will sein Publikum auf höchstem Niveau unterhalten, seine Bewegungen basieren auf klassischen Elementen des Tanzes. Ab 13. April sollte es mit dem Ballett in Chemnitz dann auch wirklich beste Unterhaltung geben, wenn Van Cauwengerghs „Tanzhommage an Queen“ mit Riffs, Funk und Rock´n Roll Premiere feiern wird.