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O Pecuniam, o Oroszam!

Am Rande einer Podiumsdiskussion wies Stadtrat Dr. Peter Lames (SPD) am Montag vorsichtig darauf hin: wenn es bei den Zahlen bleibt, die bisher im Entwurf der Stadt für den Doppelhaushalt 2013/14 stehen, müsste das Heinrich-Schütz-Konservatorium e.V. am 1. Januar 2013 Insolvenz anmelden.

In was für Zeiten leben wir, und was für Sitten haben Einzug gehalten in dieser Stadt, die sich Kunst und Kultur in dicken Lettern auf die Fahnen schreibt? Großartig immerhin, dass die Oberbürgermeisterin vorhat, gemeinsam mit dem Musikfestspielintendanten Jan Vogler eine "Stiftung Kunst & Musik für Dresden" zu gründen, die großen Mäzenen und reichen Spendern die Kultur der Landeshauptstadt schmackhaft machen soll. Am heutigen Dienstag beschäftigt sich der Kultuausschuss mit dieser Vorlage, der Stadtrat soll am 22. November zustimmen. 

Ein Spielverderber, wer da gleich vermutet, die Stadt wolle sich mit dieser Gründung langfristig um ihre finanzielle Verantwortung drücken. Zu fragen wäre aber: nach welchen Kriterien wird diese Stiftung ihre Zuschüsse und Förderungen verteilen? Die Außenwirkung der Stadt und ihr internationaler Ruf werden sicherlich eine große Rolle spielen. Namen wie William Forsythe fallen einem sofort ein. Aber kleinere Kulturprojekte, Vereine, Musikschulen – wer nimmt die denn außerhalb Dresdens überhaupt wahr? Oder die Schulkonzerte, deren weitere Finanzierung mit ihrem Betreiber, dem HSKD, auf der Kippe steht? Die 40.000 Besucher dieser Konzerte sind – im Gegensatz etwa zu Dynamo-Fans – leider nicht wahlberechtigt.

Beruhigend dagegen zu erfahren, dass das Gehalt für den Geschäftsführer der Dresden Tourismus Gmbh, Ralph Sander, zumindest bis zu seiner geplanten Abberufung Mitte 2013 gesichert ist. Die Mehrbedarfsanmeldung des HSKD für das Haushaltsjahr 2013, die der Oberbürgermeisterin vorgelegt wurde, entspricht exakt Sanders Jahresgehalt. In den Haushalt übernommen wurden von dieser Anmeldung – null Euro. Null. Zero.

Letztendlich wird die Insolvenzdrohung des Konservatoriums – hoffentlich! – Wirkung zeigen, der Haushalt wird zumindest teilweise nachgebessert werden. Das Schlimme ist jedoch, dass sie im Klima dieser Stadt überhaupt nötig ist. Welche Kunst- und Kultureinrichtung nicht ständig mit einem Bein in der Apokalypse steht, findet in der Öffentlichkeit schon gar kein Gehör mehr.

Insofern taktiert die CDU-Fraktion im Stadtrat doch eigentlich sehr geschickt, was die Diskussion um die weitere Entwicklung des Kraftwerks Mitte angeht: immer, wenn in den nächsten Jahren auf den beiden Großbaustellen Kulturpalast und Kulturkraftwerk Gelder fehlen werden, kann sie darauf hinweisen, dass sie immer darauf hingewiesen hat, dass Dresden es sich nicht leisten kann, beide Projekte sofort zu schultern. Und wiederum werden die Fraktionen der Gegenseite – darunter die SPD-Fraktion, der Peter Lames vorsteht – in Erklärungsnot sein. 

Lieber Herr Sander – jetzt mal ein Vorschlag. Schriftlich, denn leider sind Sie seit Wochen krankgeschrieben und telefonisch nicht erreichbar. Lieber Herr Sander – Stellen Sie sich demonstrativ an die Seite von »Musik in Dresden«! Durch die Ende Oktober verhängte Haushaltssperre ist es der Stadt momentan leider nicht möglich, der Redaktion ausstehende Honorare für Anzeigenschaltungen zu überweisen. Wir verzichten auf den Betrag, wenn Sie auf Ihr Gehalt als DTG-Geschäftsführer bis zu Ihrer Abberufung verzichten. Zum Sozialfall werden wir dadurch hoffentlich nicht – und Sie hoffentlich auch nicht, denn wie die DNN heute berichtet, zahlt Ihnen ja auch die Dresden Event GmbH nach wie vor ein Geschäftsführer-Gehalt.

So könnten wir Bürger Dresdens unseren jeweiligen Beitrag zur Rettung des Heinrich-Schütz-Konservatoriums leisten.

 

Veranstaltungshinweis: Am morgigen Mittwoch, dem 7. November 2012, findet ab 18 Uhr eine Bürgerversammlung zum Kulturentwicklungsplan der Stadt Dresden statt. Alle interessierten Dresdnerinnen und Dresdner sind dazu ins Kulturrathaus auf der Königstraße 15 eingeladen. Bürgermeister Dr. Ralf Lunau und Amtsleiter für Kultur und Denkmalschutz Manfred Wiemer stellen zentrale Themenfelder und Schwerpunktsetzungen vor und stehen für Fragen und Anregungen zur Verfügung.

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