Bruno Böhmer Camacho, in Dresden als Pianist der Klazz Brothers bekannt, stellte nun, nach seiner Solo-CD, ein neues Programm auf die Beine: Das Columbian Jazz Projekt. Die Premiere im Societaetstheater als gelungen zu bezeichnen, wäre untertrieben.
Der Anfang war noch unspektakulär: Bruno Böhmer Camacho begann, am Flügel versetzte Oktaven und Quinten zu spielen, langsam setzte Juan Camilo Villa am sechssaitigen Bass eine ähnliche Tonreihe dazu, leises Spiel der Becken von Rodrigo Villalón verlieh der Musik etwas Sphärisches. Behutsam, verträumt und schwelgerisch verklang das erste Stück mit dem Namen „Erencias“ (dt.“Erbe“).
Ein Titel, nach einem Erfrischungsgetränk benannt und entsprechend erquicklich, im sanften Cumbia-Rhythmus, folgte: Zwei kleine Melodien von Bass und Flügel, dazu wirbelnde Trommelschläge, eine Musik, deren Ursprünge aus dem Zusammentreffen von südamerikanischen Ureinwohnern und Afrikanern herrühren sollen. Langsam schlichen sich erste Solopartien ein, Böhmer Camacho spielte ungehemmt, sang und summte leise die Melodien mit, in die er die anfangs vorgestellten Motive mit einflocht. Beflügelt und unverbraucht mit einem zackigen Schlussakkord verebbte das „Agua panela“.
Mit kolumbianischen Rhythmen herrlich exotisch gewürzt, gespickt von leidenschaftlichen Soli steckte der Jazz seine Zuhörer an, da wippten Köpfe und Knie mit, da applaudierte man ausgelassen. Mit für europäische Ohren ungewöhnlichen Taktarten, mit Rhythmen, die auf spanisch Canché, und Stücken, die wie Blumen heißen, entführte das Trio ihr wohlwollendes Publikum in verschiedene Regionen Kolumbiens. Und es improvisierte völlig entrückt, konnte Füße und Köpfe ob der eigenen Musik nicht stillhalten. Juan Camilo Villa lieferte angenehm brummige Basslinien, aber auch melodiöse, schnellere Soli, die durch dagegengesetzte Akzente vom Schlagzeuger getrieben wurden. Ohne einander beim Rennen aus den Augen zu verlieren, gaben sie sich ganz den für sie heimischen Rhythmen hin.
Die Musiker schnitten kleine Grimassen der Konzentration oder Verzückung und Rodrigo Villalón lachte stets leise. Bruno Böhmer Camacho schloss minutenlang die Augen oder sah beim eigenen Improvisationsspiel weg und dem Kollegen erfreut bei seinem zu. Im Lied „Der Fischer“ sang er sogar, einfach und enthusiastisch.
Neben den traditionellen kolumbianischen Stücken erklangen solche, die von Böhmer Camacho und seinem Großvater geschrieben wurden und so konnte auch die ein oder andere Entstehungsgeschichte ein wenig Hintergrund zur Musik bieten. Der Pianist schilderte Landschaften und Namenskulturen zwischen den Titeln und erklärte hinterher, es habe sehr viel Spaß gemacht, und „es sah zwischendurch so aus, als würde uns nicht interessieren, was mit euch ist, wir haben zwischendurch auch mal vergessen, dass wir ein Konzert machen, aber wir haben immer an euch gedacht.“ Tatsächlich konnte in den ungebändigten Solopartien der Eindruck entstehen, man befinde sich weniger auf einem Konzert, denn in einer der für die Jazztage typischen Artist-Sessions. Die Stimmung im Societaetstheater schmälerte das jedoch kein bisschen, die Zuhörer stampften und applaudierten ausgelassen, die Künstler waren freudig erstaunt darüber und hatten auch an den vier Zugaben noch ihren Spaß. Besonders exklusiv und witzig war ein längeres, spannendes Schüttel-Ei-Solo, welches die Zuhörerschaft auf einzigartige Weise für sich einnahm. Ein so authentisches Konzert ist wohl die beste Werbung für ein Land, dessen Ruf ihm nicht gerecht wird.