Vom Hallenser Musikkritiker Ulrich Steinmetzger als Füllhorn wunderbarer Themen betitelt, ist Conny Bauers 2008 in der Jazzwerkstatt erschienene CD nicht nur auf der Bestenliste der Schallplattenkritik, sondern immer noch eine der erfolgreichsten Veröffentlichungen des Berliner Free Jazz Labels. Bauer, der im Programm „sein eigener Posaunenchor“ wird, bedient nicht nur meisterlich musikalische Herausforderungen, sondern auch computerbasierte Techniken, mit denen er es möglich macht, mit sich selbst zu kommunizieren.
Ein Weg, den man nicht entlang eilen möchte. Ein Anstieg, den man genießen kann. Eine Steigerung, die man körperlich mitempfindet.
Um zur Panoramaplattform des gelben Klangs zu gelangen, schlängelt man sich am besten aus der Tiefe kommend Stück für Stück die freejazzige Treppe hinauf. Ob gemütlich auf der Couch oder im urigen Jazzclub, das aktuelle Album von Conny Bauer lädt ein, mit bewusst entspanntem Schritt den lockenden, vielseitigen Klängen der Posaune zu folgen, und dabei entlang des Weges die Ohren stets neu für neue Stationen zu öffnen. Und das in der Reihenfolge, die Conny Bauer vorgesehen hat: „Die CD ist in einem Ritt aufgenommen, und sollte auch so gehört werden.“
„Aus der Tiefe“ kommend geht es los nach oben. Begrüßt wird man von einem basslastigen, lebendigen Ton, der sich aufspaltet und anraut, sinkt, wieder abhebt, zurückkehrt, sich spielerisch vereint. Auf der ersten Etage erwartet uns mit locker-stimmungsvollen Statements „Das Fest“, das ein paar Treppenstufen weiter in eine beschwingtes, tanzendes „Osterfeuer“ mündet.
Weiterlaufen. Auf der Etage darüber scheint die persönliche Stimmung des Zuhörers zentral für die Aussage des Stückes „Damals“ zu sein. Übersichtlich, witzig wippend, durchaus bewegt, vielleicht ein klein wenig lamentierend… als wöllte uns der Künstler zeigen, wie vieldeutig die emotionale Wahrnehmung der Vergangenheit sein kann, wie wichtig die eigene Einstellung ihr gegenüber ist, und wie sie für jeden etwas anderes bedeutet. Für Conny Bauer schleicht das Vergangene in eine zweimal unterschiedlich auftauchende „Traurige Stimme“ ein, die zuerst mit langen, verschlungenen Bögen ihrer Bahnen zieht. Das zweite Mal erscheint sie wieder wunderbar doppeldeutig. Als würde Conny Bauer mit unser Wahrnehmung spielen, baut er sich ein Fundament aus fast fröhlich hüpfenden Bausteinen, legt eine dazu passende Melodie darauf. Überzeugend stimmig, wäre da nicht die doppeldeutige Farbgebung in der Phrasierung und im Posaunenklang.
Läuft man weiter, verschlingt man sich mit den kunstvollen Linien der Komposition „Unendlich“, um ein paar Treppenstufen weiter in einen witzigen „Volkstanz“ zu münden. Die Plattform bildet vielleicht das kunstvolle „Zu Hause“. Mit lustig plappernden und über fantasievolle Sounds gelegte meisterlich gespielten Phrasen macht sie aber auch auf das wahre Heim aufmerksam: den Titeln und Gedanken folgend findet man sich vielleicht selbst im eigenen, gelben Klang wieder.
„Der Gelbe Klang“ sprüht vor musikalischen Ideen. In ihm wird nicht nur Musik transportiert, es schwebt auch die Inspiration allgemeiner Kommunikationsweisen durch Instrument und Klang lange nach, und stellt tradierte Aussagemöglichkeiten von Melodien, Rhythmen und harmonischem Usus auch in kleinen Details in Frage. Das meisterliche Spiel von Conny Bauer ist bewundernswert. Man staunt und lauscht und freut sich über die vielen kleinen Botschaften, die in den beeindruckenden Soli und Collagen versteckt sind.
Wer Conny Bauer im Duo mit Omar Tamez erleben möchte, sollte am 14. Dezember zum 20 Uhr beginnenden Konzert im Kunsthaus „Sans Titre“ Potsdam dabeisein.
Die CD ist über das Label Jazzwerkstatt und im Opus 61 erhältlich.