Der Dresdner Kulturpalast. Noch steht er. Sogar unter Denkmalschutz. Baustelle sollte er sein. Ist aber ein Streitpunkt. Das macht ihn teuer. Seinen Befürwortern wie seinen Gegnern. Natürlich ist Dresden arm dran. Denn: So war es schon immer. Bei jedem Vorhaben öffnen sich Abgründe. Als erstes wird stets jegliche Streitkultur zu Grabe getragen. Dann das Projekt und als nächstes das Gegenprojekt. Im Anschluss wird darüber gestritten, wem von den Rechthabern das Narrenkäppchen gebührt.
Zu abstrakt, all diese Theorie? Dann machen wir es doch praxisorientierter. Der einst so genannte Festsaal im angeblichen Kulturpalast (Fest-Saal! Kultur-Palast!!), der ist nun nicht mehr. Weder fest, noch Kultur. Er soll künftig (das kann dauern in Dresden, nötigenfalls bis zum Nimmerleinstag) einem Konzertsaal weichen. Die darin musizierenden Damen und Herren bringen ihre Instrumente selbstredend mit. Das ist fast wie im Ameisenbau. Jedes Wesen hat dort seine Arbeit. Die Geigerinnen und Geiger bringen die Geigen mit, die Flötentöne kommen von den Flötenspielern, die Harfen werden den Harfenisten und Harfenistinnen gestellt. Und so weiter. Ein emsiges Völkchen, diese Orchestermitglieder. An die Königin – die Königin der Ameisen – wird sowieso von allen gedacht. Aber wer denkt an die Königin der Instrumente?
Da liegt der Hase im Pfeffer. Ungesalzene Löffel. Im Rathaus. Kein Pfeffersack hat dort eine Ahnung; geschweige denn, nur mal als Beispiel, von der Orgelsinfonie eines Saint-Saëns. Das braucht es ein Soloinstrument, das kommt nicht vom Band! Die Spätzünder im Elbtal haben dies nun wohl erkannt, Abhilfe soll schaffen ein Spendenaufruf. „Jeder Ton zählt“ ist der überschrieben. Pro Oktave sind das schon mal acht bis zwölf Töne, und wenn da jeder zählt, dann wird es teuer. Denn eine Orgel hat nicht nur mehrere Oktaven und Manuale, sondern gemeinerweise auch noch Pedale für jeweils zwei Füße. Und sowieso Pfeifen. Merke: So eine Orgel ist eine richtig teure Angelegenheit. All diese Kosten könnten nun aufgeteilt werden auf treudeutsche Michels. Wer aber von denen mag schon noch Orgeln, Oktaven und O-Töne hören? Es reicht doch abgestandene Konserve, wie bei den Michels daheim auf dem Abendbrottisch. Oder nicht?
Nein, natürlich nicht. Die Hirschler und Apologeten des Tonsetzers Adrian Leverkün wünschen sich eine Orgel in den Konzertsaal, der kein Konzerthaus ersetzen kann. Und da die Planer dies übersahen – bei so musenfernen Zeitgenossen wie den freistaatlich hauptstädtischen Politikastern ist eine Orgel schließlich nichts anderes als eine Triangel, die man ja auch mal irgendwo vergessen kann – wird nun auf kurzfristiges Nachbessern gesetzt und gehofft. „Jeder Tor zählt“ ist das fraktionsübergreifende Motto der staatsnahen Volksfernvertreter umbenannt worden. Eine Kampagne, die ursprünglich wohl „Jeder Ton zählt“ geheißen haben soll.
Will sagen, die steuerlich nicht ausgelasteten Toren dürfen teure Töne buchen, die irgendwann einmal von künftigen Orgelpfeifen gepfiffen werden sollen. Auf Wunsch kann man sich die auch vorspielen lassen. Will ja nicht jeder ein eingestrichenes C haben, manchem steht der Sinn vielleicht eher nach His. Da es im Moment aber nicht danach aussieht, als würden sich die Elbtaler um das Ding mit dem Blasebalg balgen, könnten ja zunächst einmal Konzessionen für die erste Terz vergeben werden. Mit Hang womöglich zur Quarte. Damit wäre ein Achtungszeichen gesetzt.
Was da wächst, das wird zusammen gehört. Bis nächsten Freitag, recht herzlich –
Michael Ernst