Die »Musik in Dresden«-Autoren Lea Muth, Michael Ernst und Martin Morgenstern haben auch dieses Jahr keine Mühe gescheut und sich in der Adventszeit durch Dutzende von CD-Neuerscheinungen gehört. Hier acht ausgesuchte Anregungen für einen „klingenden Gabentisch“ 2012 – mit einem Schwerpunkt auf Veröffentlichungen aus Dresden. Keine Panik übrigens: „Opus 61“ hat am 24. Dezember bis 14 Uhr geöffnet…
Wie schafft man das: An zwei Abenden das komplette Weihnachtsoratorium als Evangelist „erzählen“ und doch bis zuletzt kein bisschen erschöpft klingen? Wie es Markus Brutscher macht, wissen wir nicht – aber von seiner lebendigen Art, die Weihnachtsgeschichte zu erzählen, von der fantastischen Qualität der drei Solotrompeter und insgesamt von einer Tonqualität wie im Studio waren wir begeistert. Gut, das Tempo des Eingangschors nimmt Frauenkirchenkantor Matthias Grünert ein Quentchen zu schnell, und sein Pauker gibt sich etwas zu exaltiert. Egal – rote Schleife drum und ab damit – Schwiegermütter freuen sich!
Unter der Tanne ist das eine der schönsten Entdeckungen für Dresdens Kulturbürger: eine neue CD von Peter Schreier! Das Cover der CD zeigt – eine feine Idee – die Kirche im Zustand während der Tonaufnahme. Beim Hören schwelgten die Kritiker: der Sänger ist ein Könner. Selbst wenn er (etwa bei dem Komponisten Pepping) fremdes Land betritt, ist Schreier als Schreier zu erkennen. Eine Sternstunde.
Joscho-Stephan-Trio und Helmut Eisel „Gypsy meets the Klezmer“: Sorglos-flotte Gitarrenrhythmen sind das, gewürzt mit mal verraucht-verruchter, mal fast quietschender Klarinette locken sie in fremde Welten. Klezmer-Standards und Filmmusikcover erhalten ein neues Gewandt und laden zu sonntagnachmittäglichem Entspannen ein. Ahh. Noch jemand Tee?
Eine ganz frische und eine zwölf Jahre alte Aufnahme-Session sind auf dieser CD miteinander verwoben – die eine entstand im neuen Konzertsaal der Musikhochschule, die andere in der Emmauskirche Dresden. Der sängerischen Qualität, dem gleichbleibenden stilistischen Anspruch des Chorleiters Hans-Christoph Rademann und sicher auch manch tonmeisterlicher Findigkeit ist es zu verdanken, dass die Sammlung "Israelsbrünnlein" von Johann Hermann Schein dennoch wie aus einem Guss wirkt. Großartig.
Man mag gar nicht glauben, dass das ein „Thielemann’scher“ Liebestrank ist. In nüchternen Farben malt das Philadelphia Orchestra das Vorspiel zu den „Meistersingern“ und zum „Lohengrin“, zu „Parsifal“ und eben zu „Tristan und Isolde“. Allein, die Tremoli sind nicht geheimnisvoll genug, und hin und wieder wirds klanglich richtig dick. Das kann die Staatskapelle besser! Für CT-Fans und Kenner natürlich dennoch ein Must-have im Plattenschrank. Den Karfreitagszauber baut der Dirigent wunderbar auf, und diese Bläser – rrrr! Die fehlten uns hier.
Themenwechsel, Orchesterwechsel: Nach Thielemann ein Sanderling. „Pelléas und Mélisande“ treffen auf „Romeo und Julia“: rund und schön spielt die Philharmonie, bisweilen etwas verhalten, und auch ein bisschen beschwingter könnten die Kollegen manchmal tun. Und, tatsächlich, „Recorded at Kulturpalast“ vermerkt das Beiheft. – somit ist die CD eines der letzten klanglichen Zeugnisse aus einer vergangenen Ära.
Umtata, der Weihnachtsmann ist da! Ein Geschenk für jemanden, dem Sie unmissverständlich sagen wollen: These Boots are made for Walking, also troll dich! Das Ukulele Orchestra of Great Britain bietet eine kurzweilige Sammlung verquaster Arrangements – Fazit insgesamt: Daumen runter. Na gut: ohne Gesang wäre es wahrscheinlich erträglich. Oder sind die live besser? Bei den Dresdner Musikfestspielen 2013 können wir’s nachprüfen.
Schlichtes Cover, der Titel: „Mozart – Kammermusik“, hm hm, aha, und dann noch eine „Suite“ aus der Oper „Le Nozze de Figaro“, in einer Fassung für Streichquartett (Arrangement: Jan Vogler)? Das klingt nach allzu leichter Kreuzfahrtschiffsmusik. Mitnichten! Wir ziehen den Hut vor der Virtuosität der Mitwirkenden, allesamt verbandelt mit dem Moritzburg Festival. Gewitzt und klanglich wunderbar durchsichtig erblühen die Werke. Dass die beiden CDs einzeln schon einmal vor ein paar Jahren erschienen sind? Egal, auf dem Gabentisch macht sich die edle Neuausgabe wunderbar.