Das zwölfte und letzte Konzert der Philharmonie-Spielzeit war erneut und zum vorerst letzten Mal dem Jubilar Richard Wagner gewidmet. Sozusagen tantrisch aufgespart hatte sich das Orchester dafür das Vorspiel aus „Tristan und Isolde“ und „Isoldes Liebestod“, bevor René Pape als König Marke mit zitternder Stimme – und hörbar mehr als nur oberflächlich gespielter Erschütterung – den freundlichsten der Freunde ob seines Liebesverrats zur Rede stellte. Großartig, die erschütterte königliche Würde und die tiefe menschliche Enttäuschung, die Verwirrung und die wütende Klage, die der Sänger in diese Viertelstunde Musik legte, wie nebenbei noch den aufdringlichen Pressefotografen zur Seite wischte, ohne aus der Rolle zu fallen. Andernorts und zu anderen Zeiten wäre das Opernpublikum nach einer so fantastisch runden sängerischen Leistung ohne jeden Fehl und Tadel wohl aufgesprungen, wäre jubelnd explodiert, hätte donnernd Zugaben ertrampelt, Blumen geworfen (in Aix-en-Provence, wo Pape das Programm in zwei Wochen wiederholt, ist dazu wieder Gelegenheit). Nicht so in Dresden: in scheuer Zurückhaltung honorierten die Hörer den Auftritt des Weltstars im Albertinum. Oder war das gar immer noch die tiefe Erschütterung, die einen ja wirklich noch Minuten in Bann hielt?
Im Ganzen fein und die dynamischen Proportionen überlegt auslotend mutete das Dirigat Juanjo Menas an. Der Altersgenosse Papes stand vor zwei Jahren bereits einmal am Pult des Orchesters, ist jedoch – obwohl seit 2011 Chefdirigent des BBC Philharmonic Orchestra – im Gegensatz zum Dresdner Sänger noch immer eher unbekannt. Freundlichen Blicks steuerte er die Stimmgruppen durch brausende Liebeswogen, ließ im Vorspiel zum dritten Akt des „Lohengrin“ die Blechbläser festlich glänzen und auf „Siegfrieds Rheinfahrt“ die Klangwellen perlen und gischtspritzen, bevor Pape zum Ende mit Ausschnitten aus der „Walküre“ erneut das Albertinum in Bann schlug.
In Sachen Wagnerpflege hat das städtische Konzertorchester also zum Saisonabschluss, und bevor demnächst in Dresden alle Zeichen auf Richard Strauss stehen, noch einmal ein selbstbewusstes Ausrufezeichen setzen können. So fein ziseliert, so anmutig und vor allem in dieser höchst perfekten Intonation gelangen die Bläserklänge, so sinnlich die hohen Streicher…! Sichtlich genossen die Musiker die Arbeit, ließen zuletzt den bescheidenen Dirigenten ihrerseits hochleben.
Eine Textfassung des Artikels ist am 8. Juli in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.