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Der Dresdner Autor Mathias Bäumel hat ein Denkmal für „Professor Violine“ verfasst

Ein winziger Friedhof auf einer kleinen Adria-Insel. Ein Grab ohne Kreuz. Dort liegt Velemir Dugina begraben, ein Musiker, den heute kaum jemand kennt. Der in Australien geborene Mann ist – mit nur 28 Jahren – freiwillig aus dem Leben gegangen. Das war für die Kirche auch im einst sozialistischen Jugoslawien eine Sünde. Gegen die Aufschrift „Professor Violine“ hatten die orthodoxen Pfaffen aber nichts einzuwenden. Derlei Besonderheiten auf der heute kroatischen Insel Cres sind dem Dresdner Autoren Mathias Bäumel aufgefallen, er hat Velemir Dugina nun ein nachträgliches Denkmal gesetzt.

Mathias Bäumel kennt und liebt die multikulturelle Region um Triest und Rijeka seit vielen Jahren. Beinahe zwangsläufig ist er so auch auf die Bücher von Claudio Magris gestoßen. In dessen „Microcosmi“ (dt. „Die Welt en gros und en détail“, Hanser-Verlag 1999) fand er erste Hinweise auf einen „Professor Violine“ und dessen Grabstätte im Inseldörfchen Stivan. Mehrere Jahre lang recherchierte er nach jenem Velemir Dugina, der da begraben liegt, befragte Zeitzeugen und entdeckte allmählich eine faszinierende Persönlichkeit. Dugina wurde 1958 als Auswandererkind in Australien geboren, ein Jahr später ging seine Familie nach Rijeka, musste 1968 Jugoslawien verlassen und übersiedelte ins nahe Triest. Die italienische Stadt ist seit jeher ein brodelnder Schmelztiegel der Kulturen, auch für Dugina müssen die Einflüsse dort sehr fruchtbar und spannend gewesen sein. Er studierte Violine und gewann im Sommer 1972 den Internationalen Wettstreit Junger Talente in der Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“ am Webellinsee, wie Mathias Bäumel bei seinen Recherchen herausfand. Für sein Buch suchte er nach Weggefährten Duginas, fand einstige Lehrer, die von dessen sensibler Persönlichkeit und seiner Spielfreude schwärmten, interviewte sie ebenso wie spätere Mitstreiter des Geigers in diversen Orchestern und Bands. Und er fand Duginas Schwester, die ihm Auskunft erteilte.

Schon während seines „mit einem brillanten Diplom“ abgeschlossenen Studium schloss sich der Geiger Velemir Dugina verschiedenen Ensembles an, wirkte später sogar eine Weile im Orchester der Festspiele in Verona mit, sein Herz aber schlug ganz offenbar für die Verbindung von Balkan-Folklore und Jazz. Es gibt heute nur sehr wenige Aufnahmen seiner Musik, die aber verraten einen virtuosen Meister, der seine ihn prägenden slawischen Einflüsse mit denen der irischen Mutter vermengte. Sogar die derzeit so populäre „Riverdance“-Musik soll auf einen Titel Duginas zurückgehen, heißt es.

Zur Buchpräsentation der „Spurensuche“ improvisierte Steffen Gaitzsch von der Dresdner Philharmonie Anfang Oktober im Kulturhaus Loschwitz zu mehreren Stücken Velemir Duginas und vermittelte damit einen Eindruck von dieser durch unterschiedlichste Stile geprägten Persönlichkeit. Mathias Bäumel trug einzelne Passagen aus seinem noch druckfrischen Buch vor und war im Gespräch zu vielfältiger Auskunft über seine Leidenschaft für „Professor Violine“ bereit. Voller Bescheidenheit hob er hervor, nur einen Anstoß geleistet haben zu wollen, um dieses besondere Talent dem Vergessen zu entreißen. So orakelte er auch nicht über die Umstände von Duginas Selbstmord, sondern beließ es bei den bekannten und gesicherten Fakten.

Ein sehr schön gestaltetes Büchlein ist da zweisprachig auf deutsch und italienisch entstanden. Blaues Lesebändchen, höchst stimmungsvolle Fotografien Bäumlers und eine feine Haptik runden diesen Eindruck ab. Diese „Spurensuche“ ist nichts weniges als eine Entdeckung.
 

Mathias Bäumel: „Velemir Dugina. Eine Spurensuche / Una ricera di tracce“
Verlag SchumacherGebler, Dresden
ISBN 978-3-941209-27-5
90 Seiten, 12,95 Euro