Die Dresdner Musikfestspiele starten am 23. Mai – gestern gab das Festival bekannt, wer 2014 den Glashütte Original MusikFestspielPreis erhält. Die US-amerikanische Geigerin Hilary Hahn wird dieses Jahr damit ausgezeichnet und wird den Preis im Konzert am 4. Juni in der Semperoper entgegennehmen. Damit wird man in diesem Jahr in besonderer Weise auch dem Sinn des Preises gerecht, Künstler auszuzeichnen, die sich in besonderer Weise um Musikvermittlung und Nachwuchsförderung verdient machen. Im gerade erschienenen Musikfestspiel-Magazin spricht Hilary Hahn im Interview nicht nur über ihre Vision für das Musikleben 2020 (gemäß dem diesjährigen Festspielmotto "Goldene 20er"), sondern auch über die Faszination, im Austausch mit anderen Menschen neue Perspektiven zu entdecken und zu teilen.
In der Begründung für die Wahl heißt es, sie werde für die Fähigkeit, "durch ihre intensive und kompromisslose Art des Musizierens viele junge Musiker zu inspirieren" ausgezeichnet. "Auch über den Konzertsaal hinaus erreicht Hilary Hahn mit ihrer authentischen, zeitgemäßen Sprache heranwachsende Klassikfans. Ihre regelmäßigen Begegnungen mit Schülerinnen und Schülern und die mit großer Resonanz aufgenommenen Social-Media-Projekte sind Beispiele dieser lebendigen Kommunikation", heißt es weiter in der Begründung für die Wahl.
Die in Baltimore aufgewachsene Geigerin – mit deutschen Wurzeln in ihrer Familie – lernte am Curtis Institute in Philadelphia bei Jascha Brodsky und gab mit 12 Jahren ihr erstes Solokonzert. 1997 nahm sie ihre erste CD auf und hat bis heute weit über 800 Konzerte in der ganzen Welt gegeben. Ihr umfangreiches Repertoire, das sie ständig um Entdeckungen und neue Werke erweitert, ist bemerkenswert: Außerordentlich eingesetzt hat sie sich für das Violinkonzert von Arnold Schönberg, sie spielte aber ebenso sämtliche Sonaten von Charles Ives ein, widmet sich der Virtuosität von Henri Vieuxtemps ebenso wie improvisatorischen Experimenten mit dem Pianisten Hauschka (CD "Silfra") und natürlich den großen romantischen Werken der Violinliteratur, wie eben dem Violinkonzert von Johannes Brahms, das sie in Dresden zu Gehör bringen wird. Ganz frisch veröffentlicht ist ihr neuestes Projekt, eine CD mit 27 für sie komponierten Zugaben – "Encores" von Komponisten aus aller Welt.
Hahn beschränkt sich seit Jahren nicht auf das pure Spiel im Konzertsaal – ihr "Encore"-Projekt zeigt in besonderer Weise, wie sie neue Initiativen anstößt und ihr Publikum und ihre Musikpartner sofort mit einbezieht. Musik als Kommunikation nimmt sie ernst und so ist es ihr ein Anliegen, über die Stücke, die sie spielt, über Aufführungsbedingungen und Besonderheiten des Virtuosenlebens auch zu sprechen, Musik in Gesprächen weiterzudenken. Bei Konzertterminen setzt sie sich oft mit den Dirigenten oder Komponisten backstage vor die Kamera. Ihr eigener Youtube-Kanal ist mittlerweile eine reiche Dokumentationsquelle, und dazu höchst unterhaltsam (legendär: Hilarys Interview mit einem Fisch!). Bei Twitter ist sie nicht selbst präsent, sondern läßt ihren Geigenkasten zwitschern, der aus den Konzertmetropolen der Welt berichtet und natürlich immer an ihrer Seite ist. Für die Dresdner gibt es nun ebenfalls einen Video-Appetithappen, denn mit dem Dirigenten Paavo Järvi und dem HR-Sinfonieorchester spielte sie gerade in Frankfurt das identische Programm – im Video gibt es Einblicke hinter die Kulissen.
"Das Internet ist ein gutes Medium, um etwas darüber zu erfahren, wie die klassische Musikszene funktioniert – für junge Menschen, die in diesen Bereich einsteigen wollen, aber auch für das Publikum, das einen Blick hinter die Kulissen werfen will. So sehe ich meine Web-Aktivitäten: als Einblick in die Art, wie ich meinen Beruf, mein Musikmachen erlebe". So beschreibt Hilary Hahn selber ihre Motivation im Interview. Die Uhrenmanufaktur Glashütte Original stiftet bereits zum 11. Mal den mit 25.000 Euro dotierten Preis. Zu den letzten Preisträgern zählten renommierte Künstlerpersönlichkeiten wie Gustavo Dudamel, Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker sowie Hélène Grimaud.
Fotos: Peter Miller