Als der Jahrgang 2014 der Dresdner Musikfestspiele angekündigt wurde, wurde sogleich klargestellt, dass sich das Motto "Die Goldenen 20er" nicht nur auf die naheliegende Hoch-Zeit der Musik im 20. Jahrhundert bezieht. Schließlich will man allen Musikfreunden etwas bieten und beziehungsreiche Verbindungen zwischen den Epochen ziehen. So kommt nicht nur "alte" Musik (1820, 1720…) zum Zuge, sondern der Blick geht auch in die Zukunft: Das Projekt "Bohème 2020" steht für die Visionen, für die offene Frage "Was wird sein?". Künstler verschiedener Nationalitäten und aus unterschiedlichen Kunstsparten wie Bildende und Darstellende Kunst, Videokunst, Tanz, Literatur und Musik kommen zusammen, um mit einem selbst kuratierten Programm Räume für Spontaneität innerhalb des Festivals zu besetzen und neue Quellen der künstlerischen Inspiration im 21. Jahrhundert zu entdecken.
Die "Bohème 2020": *Caroline Golding (Violine, USA), Tung-yen Chou (Video, Taipeh), Judith Michael (Bildende Kunst, Dresden), Altamasch Noor und Carolin Wedler (Darstellende Kunst, Hamburg), Theresa Hahl (Literatur, Bochum), Marita Matzk (Tanz, Dresden) und Raquel García Tomás (Komposition, Spanien).
In einer Präsentation bei youtube kann man sie bereits kennenlernen, eine Facebook-Seite und ein Twitteraccount wurden ebenfalls erstellt – noch ist es da ruhig, aber das wird sich hoffentlich bald ändern.
Nicht nur künstlerisch wird die "Bohème 2020" Zwischenräume des etablierten Festspielbetriebs ausloten. Auch in der Kommunikation wird das kreative Potential der Bohème-Mitglieder und ihre Vernetzung zum Schlüssel des Projektes und schafft eine Transparenz der künstlerischen Prozesse bis hin zur effektvollen Ankündigung der eigenen Veranstaltungen. Der Künstler der Zukunft als eigener Vermarkter zwischen Bühne, Publikum, Medien und Kollegen – was sich ohnehin täglich im Kulturleben abspielt, wird hier einmal als Experiment – mit offenem Ausgang – weitergedacht. Man darf gespannt sein, inwieweit sich diese "Bohème" (der Titel einmal gewählte Titel erscheint als Hingucker gut, aber dauerhaft wäre er ebenso zu hinterfragen!) in ein doch bodenständiges Musikfestival integrieren wird oder eben genau dies nicht tut. Ebenso freut man sich auf Den Diskurs, auf neue Handschriften, Positionen und Konzertformate.
"Die Idee der ›Bohème 2020‹ kam mir vor Jahren und entwickelte sich selbständig weiter. Ich suchte nach neuen Wegen, die Förderung junger Künstler voranzubringen und da wurde mir klar, was für eine Chance für junge begabte und motivierte Musiker, Tänzer, Schauspieler oder bildende Künstler darin besteht, dass während des Festivals ein internationales kulturbegeistertes Publikum und viele etablierte Künstler aus aller Welt zusammentreffen. Unsere ›Bohème 2020‹ befindet sich somit im Herz des Festivalbetriebs: Ihre Mitglieder können viele faszinierende Performer persönlich kennenlernen und so ein Netzwerk aufbauen, gleichzeitig können sie aber auch Kontakt zu unseren Besuchern finden – besonders über neue Medien wie Facebook oder Twitter. Wir helfen Ihnen mit unserem Team, ihre Ideen zu verwirklichen und spontane Aufführungen, sei es im öffentlichen Raum oder auf den Bühnen des Festivals, zu organisieren. Sie wiederum inspirieren auch uns und das Festival, sie zeigen uns möglicherweise neue Wege und bauen mit ihrer kreativen Energie eine weitere, ungewöhnliche Dimension zu unserem Programm. Besonders wichtig erscheint mir der Austausch der Künste untereinander, diesem Aspekt verdankt unser neues Projekt nun den romantischen Namen ›Bohème 2020‹." , so Jan Vogler, Intendant der Dresdner Musikfestspiele zu dem neuen Projekt.
Während des Festivals gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit den Projektkünstlern in Kontakt zu treten, sie zu beobachten oder die ersten künstlerischen Ergebnisse zu betrachten: neben den Social-Media-Aktivitäten kann man der Bohème-Gruppe in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen vor Ort oder via Webcam bei ihren Proben für die finale Präsentation am 3. Juni zuschauen. In der kompletten Projektphase vom 20. Mai bis 04. Juni ist außerdem die Künstlerherberge der Dresdner Neustadt, das "Raskolnikoff" auf der Böhmischen Straße, ein weiterer zentraler Ort für die Mitglieder.
Am 26. Mai um 20 Uhr findet eine Zusatzveranstaltung "Musikalische Hochspannung: The Knights NYC meet Bohème 2020" in der Hochspannungshalle der TU Dresden statt, gleichzeitig der Auftakt zur neuen Reihe "Sound & Science" mit der TU Dresden. Zunächst trifft in der Hochspannungshalle vor der futuristischen Kulisse überdimensionaler Hochspannungsisolatoren das New Yorker Ensemble The Knights auf die "Bohème 2020". Auf dem Programm steht Igor Strawinskys "L'Histoire du Soldat" – "Die Geschichte vom Soldaten". In Lounge-Atmosphäre wird dann im benachbarten Görges-Bau die ALTANA Galerie, gegründet um die Jahrhundertwende als Ort des Dialoges zwischen Technik und Bildender Kunst, zum Klangraum von Kammermusik, Werken von Philip Glass und
elektronischen Klängen eines DJs.