In Hamburg ist an jeder zweiten Litfaßsäule sein Gesicht auf Plakaten zu sehen. Selbstverständlich werden Konzerte von ihrem “Hamburger” Bach beworben. Hat C.P.E. Bach auch in der opernfreudigen Stadt Dresden eine Chance auf die ihm zustehende Aufmerksamkeit? Wie können die Dresdner Organisatoren eine Verbindung zu der Stadt finden, um Konzerte seiner Werke wettbewerbsfähig mit Strauss zu machen und diesem unterbewerteten Komponisten Beachtung zu verschaffen?
Hier kann die Verbindung zwischen Dresden und Johann Sebastian Bach helfen. Nein, nicht der, an den Sie denken! Johann Sebastian Bach der Jüngere, das jüngste von drei Kindern von C.P.E. Bach, wich von seinem musikalischen Vater und Großvater ab; er war Maler, und wurde unter anderem in Dresden ausgebildet.
Am 3. Juli verbindet eine Veranstaltung im Stadtmuseum die bildende Kunst mit der Tonkunst. Die Dresdner Kunsthistorikerin Dr. Anke Fröhlich teilt dann ihr Spezialwissen zu J.S. Bach d.J. und seiner Bedeutung als sächsischer Landschaftsmaler mit dem Publikum. Dazu wird die aus Sri Lanka stammende Preethi de Silva Werke des Geburtstagskinds auf dem Hammerklavier spielen. Dieses Gemeinschaftsprogramm der beiden Expertinnen wird sowohl Dresdner Kenner als auch Liebhaber begeistern. Schön, dass die Organisatoren eine „Rechtfertigung“ für ein Jubiläumskonzert gefunden haben, damit die wenig bekannten C.P.E. Bach Werke und noch weniger bekannten J.S. Bach-Bilder nicht im Strauss-Jubel untergehen.
De Silva, die in den USA zuhause ist, ist Deutschland nicht unbekannt. Sie hat in Berlin studiert, später hier geforscht, in Hamburg, Berlin und Leipzig konzertiert. Nun dürfen wir hoffen, dass die hochgelobte Interpretin von Alter Musik auch eine solche Beziehung mit Dresden eingeht und öfter zum Konzertieren kommt. Holly Brown hat mit ihr für »Musik in Dresden« gesprochen.
Als gefeierte Interpretin beider Komponisten: wie würden Sie die Herausforderungen beschreiben, vor denen Interpreten der Werke J.S. Bachs und C.P.E. Bachs stehen?
Pianisten wachsen mit den Werken von J.S. Bach auf und lernen durch ihn den Stil des Barocks kennen. Bei C.P.E. Bach muss man unterscheiden können zwischen der alten, etablierten Tradition und den Werken im späteren Stil, besonders im empfindsamen Stil, der meiner Meinung nach, einen sehr persönlichen Zugriff braucht, zum Beispiel bei seinen großen Fantasien und langsamen Sätzen.
Empfinden Sie den Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen als immer noch relevant für heutige Cembalisten?
Auf jeden Fall und ohne Ausnahme! Es ist sogar für alle Interpreten der Musik dieser Zeit empfehlenswert.
Wenn C.P.E. Ihre Interpretation seiner Stücke hören könnte, denken Sie, dass er so beeindruckt wäre wie die Kritiker?
Wäre das überhaupt erstrebenswert für Sie? Ich würde lieber nicht über seine Reaktion spekulieren. Denen zufolge, die das Vergnügen hatten ihn spielen zu hören, hat er mit so einer Spontanität und Freiheit im Ausdruck musiziert, dass man nur hoffen kann einen kleinen Teil davon zu erreichen. Seine Kritik wäre zweifellos eine unschätzbare Bereicherung für meine Interpretationen, auch wenn es sehr nervenaufreibend wäre für ihn zu spielen!
Haben Sie über die Jahre eine Veränderung in der Einstellung der Interpreten und Konzertbesucher zu C.P.E.s Musik bemerkt?
In den USA versuchen einige Solisten und Ensembles seine Werke einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, aber die meisten Musikliebhaber hatten noch wenig Gelegenheit, seine Musik im Radio oder in Konzerten zu hören.
Dieses Konzert wird in Verbindung mit Bildern von J.S. Bach der Jüngere stattfinden. Sie haben neulich seine Bilder für das Albumcover Ihres 5-CD Sets von C.P.E.s Sonaten verwendet. Bedeutet dies, dass Sie eine Verbindung sehen zwischen der Kunst des Vaters und des Sohnes?
Vor vielen Jahren stolperte ich über einen kleinen Katalog für eine Ausstellung seiner Werke in Heidelberg. Als ich dann von Dr. Anke Fröhlichs Katalog über alle seine bekannten Arbeiten hörte, lieh ich es aus einer Bibliothek in den USA aus und nahm später Kontakt mit ihr auf. Sie war so nett, mir ein Exemplar ihres Buches zu schicken, damit ich es in Ruhe studieren konnte. Dabei kam mir die Idee, die Werke des Vaters und des Sohnes gemeinsam vorzustellen. Ich habe Dr. Fröhlich die Idee vorgeschlagen, und sie ist sofort in die Mission eingestiegen.
In der Zwischenzeit plante ich die Veröffentlichung meiner Aufnahmen der Kenner und Liebhaber Kollektion und entschied mich, mich um die Erlaubnis für die Verwendung von Bachs Bildern zu bemühen, wobei mir Dr. Fröhlich sehr behilflich war. Nach vielen Versuchen, ein geeignetes Forum für unsere Präsentation zu finden, werden wir nun endlich gemeinsam in Dresden (wo J.S. Bach der jüngere Kunst studiert hat) die Gemeinsamkeiten zwischen den Stilen von Vater und Sohn aufzeigen.
Die Vortrags-Konzerte von Fröhlich und de Silva werden am 3. Juli um 18.30 im Stadtmuseum und am 5. Juli um 19 Uhr im Fasanenschlösschen in Moritzburg stattfinden.