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Wiederentdecken!

Foto: Archiv Minna Ronnefeld
Foto: Archiv Minna Ronnefeld

„Der Peter Ronnefeld war ein genialer Hund“, meinte Thomas Bernhard über den heute weithin unbekannten Komponisten, der 1935 in Dresden geboren wurde. Nach furiosen Anfängen als musikalisches Wunderkind und steiler Karriere als Dirigent und Komponist – mancher sah in dem Mittzwanziger schon den heimlichen Nachfolger von Karajan – starb Ronnefeld 1965 mit 30 Jahren. Die Semperoper hat jetzt erfreulicherweise die »Nachtausgabe« ausgegraben, die kleinere seiner beiden Opern, und bringt das Stück knapp 60 Jahre nach der Salzburger Uraufführung in einer deutschen Erstaufführung auf die Bühne. Aron Koban hatte Gelegenheit, mit Manfred Weiß, dem Regisseur der Inszenierung und Leiter der Jungen Szene an der Semperoper, über das Stück zu sprechen.

Als Anlass der Neuinszenierung gibt die Semperoper den 50. Todestag von Ronnefeld 2015 an. Ist die Aufnahme dieses Stücks also nur ein protokollarischer Höflichkeitsakt?

Das ist der äußere Anlass. Tatsächlich habe ich dieses Stück inzwischen seit 15 Jahren, lange bevor ich nach Dresden kam, auf dem Schreibtisch und wollte das immer schon einmal machen. Der äußere Rahmen war für uns dann hilfreich zu sagen: Jetzt aber! Sonst gehen wieder Jahre ins Land und die Chance wäre vertan. Ich habe die Hoffnung, dass man dieses wirklich außergewöhnlich interessante und witzige Stück wiederentdecken kann.

In knapp 60 Jahren ist die „Nachtausgabe“ insgesamt nur zweimal irgendwo aufgenommen worden. Das Stück scheint ein ausgesprochener „Ladenhüter“ zu sein!

Foto: Archiv Minna Ronnefeld

Das kann man so nicht sagen. Allerdings kursierte von dem Stück lange Zeit nur eine Bearbeitung, die 30 Jahre nach der Uraufführung hergestellt wurde und überhaupt nicht autorisiert war. Das ist eine sehr seltsame Fassung: der Bearbeiter hat einiges umgestellt, Instrumentalteile mit Texten versehen, neue Texte geschrieben; es gab deshalb auch immer wieder juristische Probleme, dieses Stück aufzuführen. Die Originalversion, die richtiggehend verschollen war, haben wir dann aus der handschriftlichen Originalpartitur sehr aufwendig rekonstruiert, die gesamten Klavierauszüge, die Sänger- und Orchesterstimmen. Viele kleinere Theater, für die das Stück interessant gewesen wäre, haben das nicht gekonnt, insofern hat das Stück eine etwas unglückliche Geschichte. Aber wo es gespielt wurde, hat es glänzende Kritiken bekommen, es wurde in jeder Hinsicht immer sehr gefeiert.

»Opera piccola« steht im Untertitel. Das klingt sehr leichtgewichtig, nach einer unverbindlichen Petitesse.

Ronnefeld wollte eine kleine Oper für ein überschaubares Ensemble schreiben, 14 Leute, einfach besetzte Streicher, Bläser, Klavier und zwei Schlagwerker. Und er hat auch das Libretto selbst geschrieben. Das hat etwas Skizzenhaftes und beschreibt eine Boheme-Situation Mitte der 50er Jahre in Berlin, gewissermaßen seine eigene Studienzeit: drei junge Leute, zwei Maler und ein Schriftsteller, die sich über das, was sie für die Zeitung malen und schreiben, ihr Studium verdienen. Zum Teil sind das auch Klischees: Es gibt diese Vermieterin, die Frau Becker, die von einem Bass gesungen wird, da weiß man gleich, in welchem Genre man sich befindet. Ja, es hat etwas von einer Petitesse, aber musikalisch hat es dann doch eine ungeheure Substanz. Es ist wahnsinnig aufregend, diese Musik einzustudieren, die auch sehr komplex ist, wie wir auf den Proben merken, aber auch sehr witzig, und das findet man in den 50er Jahren in Deutschland eigentlich so nicht mehr.

Wie würden Sie seine Musik und seine musikalische Sprache beschreiben?

Foto: Matthias Creutziger

Es ist schwer, sie in Schubladen zu stecken. Ronnefeld hat eine sehr eigene Musiksprache, nicht atonal, eher freitonal. Er denkt sehr szenisch: Was er für die Sänger schreibt, ist theatralisch sehr situativ, wie das zu einer guten Komödie ja gehört, es gibt Anklänge an Tradition, auch mit Zitaten, und sehr viele schöne musikalische Einfälle. Bei ihm kommt so vieles zusammen: eine hohe musikalische Intelligenz, Wortwitz, Beobachtungsgabe. Was er da schreibt, ist wirklich sehr faszinierend.

Was war für Sie bei der szenischen Umsetzung wichtig?

Vom Bühnenbild und den Kostümen her haben wir uns entschieden, das Stück in einer Idee von »50er Jahre« zu situieren, es hat auch ein gewisses 50er-Jahre-Kolorit, die Zeitung spielt eine große Rolle. Und dann ist das Spiel mit Tempowechseln für eine Komödie immer entscheidend: wo zieht das Tempo an, wo sind Momente, an denen es eher zurückgenommen wird? Ronnefeld hat das alles brillant komponiert und jedes Detail, jede Situation musikalisch geformt. Das hilft, die Komödie in den Charakteren, in den Situationen wahrzunehmen. Allerdings braucht es eine ungeheure Präzision, damit das funktioniert. Das Tempo ist hoch, und man muss schon sehen, dass man hinterher kommt…

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Matthias Creutziger

Premiere der deutschen Erstaufführung am 4.10.2014 um 20 Uhr, in Semper 2; weitere Aufführungen: 6., 7., 10., 26., 28., 29. 10. jeweils 19 Uhr, 11.10. bereits 16 Uhr.

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