Wer den Hals nicht voll genug bekommen kann, muss manchmal wieder ausspucken. Eine schöne Erfahrung ist das nicht. Im Zeitalter klammer Kassen (also seit Ewigkeiten!) ist das öffentliche Recht der Selbstbedienung so einfallsreich wie eh und je. Was einst der „Zehnt“ gewesen ist, also der empörende Zwang zur Abgabe des zehnten Teils aller Einnahmen, um Kirchenfürsten zu mästen, nennt man heute „Einkommensbelastungsquote“. Die liegt derzeit bei 51,5 Prozent. Rein rechnerisch darf der Bundesbürger also gut ein halbes Jahr nur für Abgaben schuften, erst was er danach verdient, kann er behalten.
Kann er? Wer’s glaubt, unterschätzt den Einfallsreichtum der Politik. Die wird zwar für keine Fehler und Irrtümer haftbar gemacht, wälzt hoheitliche Aufgaben mehr und mehr auf Private ab, ersinnt aber mit fader Regelmäßigkeit neue Gebühren. Auch die teuerste Selbstverwaltung hat schließlich ihren Preis. Dresden hat da gerade mal wieder den sprichwörtlichen Vogel abgeschossen: mit einer Kurtaxe. Zwar dürfte Einheimischen wie Zugereisten, Nörglern wie Nicht-Nörglern ziemlich klar sein, dass die sogenannte Landeshauptstadt Kriterien einer Kurstadt beileibe nicht flächendeckend erfüllt, aber die Verlockung war da, den Gästen kräftig in die Tasche zu greifen. Warum nicht gleich eine täglich zu entrichtende Eintrittsgebühr für den Besuch dieser Stadt? Gern gekoppelt mit deftigem Brückenzoll!
Die Idee der Kommunalpolitiker kommt der Allgemeinheit nun teuer zu stehen: Haushaltssperre! Und was das Prozedere der Rückzahlung aller bisher abkassierten Gelder betrifft, da hofft die Verwaltung rund ums Goldene Stadtsäckel vermutlich, dass möglichst viele der Geprellten so lange nichts von diesem Eiertanz mitbekommen, bis ihre Ansprüche verjährt sind. Nur gut, dass in der temporären Kurstadt Dresden noch niemand auf die Idee gekommen ist, das städtische Orchester zur Kurkapelle zu erheben! Naheliegend wäre auch, nachdem das Kulturkraftwerk Mitte den Kulturbegriff in seinem Namen wieder ablegen musste, bevor er überhaupt zum Leuchten kam, die Baustelle als Kurkraftwerk zu deklarieren. Da wären die matt übersehenen Namensschutzrechte gewiss nicht in die Quere gekommen. Stattdessen gibt es dort nun Probleme in der Tiefe. Das einstige Kraftwerk hat, Überraschung!, dicke Fundamente zur Basis. Die müssen nun weichen, bevor Staatsoperette und Theater Junge Generation dort einziehen können. Das bringt den Bauplan durcheinander, derzeit hinke man um acht Wochen hinterher, heißt es. Kein Grund zur Sorge für den Kulturbürgermeister dieser Stadt. Er hält an der Fertigstellung Ende 2016 fest, „und wenn es der 32. Dezember ist“. Wer jetzt noch Spaß am Nörgeln hat, ist selber schuld.
Bis nächsten Freitag –
Michael Ernst