Der Opernball also, der SemperOpernball, kommt den rechten Leuten gerade recht. Nicht mal der Kreuzchor lässt es sich nehmen, beim besten, größten, glamourösesten und peinlichsten Ball des Tages zu debütieren. Und schon gar nicht die mächtig gewachsene Riege der mit dem Frey-Orden behangenen Georgier. Der Eindruck drängt sich nicht auf, nein, er wird geradezu aufgedrängt, dass Masse doch Macht ist. Oder wenigstens irgendwas macht. Die Massen auf dem Theaterplatz beispielsweise, die können nun gerade mal nicht die Anführer von Petra, Gisela und Dagmar anbrünsten und ihnen zuprosten – also freuen sie sich, bei einem Freigetränk mal selbst aufzustoßen.
Inzwischen ist aber der Verursacher des Schaulaufens selbst übel auf…, nun ja: …gefallen. Wollte er doch offenbar mit aller Kraft seiner Kontakte das politisch intendierte Volksfest „Offen und Bunt – Dresden für alle“ verhindern oder zumindest verlegen und verschieben, was freilich doch einer Absage gleichgekommen wäre. Wie DNN-Chefredakteur Dirk Birgel recherchierte, wollte Ball-Holer Frey vor seinem Spektakel nicht anderes stattfinden lassen. Pluralis Majestatis habe er folgendermaßen formuliert: „Wir müssen (…) inständig bitten, diese Open-Air-Veranstaltung auf keinen Fall 4 Tage vor dem Ball durchzuführen.“ Als er bürgerliches Engagement für dieses von 22.000 Menschen besuchte Fest für Weltoffenheit und Toleranz, bei dem am 26. Januar unter anderem Christian Friedel, Herbert Grönemeyer, Sebastian Krumbiegel, Norbert Leisegang aufgetreten sind, nicht auf direktem Weg stoppen konnte, schlug er beziehungsreiche Umwege ein. Doch auch seitens der Staatsregierung und der Stadtverwaltung sei kein Schulterschluss möglich gewesen. Da hat Dresden ja noch mal Glück gehabt und ist um eine weitere Provinzposse glatt herumgekommen. Im Gegenteil, das Montagskonzert hat die Stadt geschmückt und ihr ein Stück Stolz wiedergegeben. Ob das dem Freitagsball auch gelingt?
Immerhin wird bei der dekandent ballesken Gelegenheit ja auch eine Menge Weltläufigkeit praktiziert. Dem Lupenreinheitsdemokraten vom KGB kann man zwar nicht schon wieder so eine Georgs-Plakette anheften – fällt wegen Krimsekt ohnehin unter Embargo –, also greift man noch ein paar Schubladen tiefer daneben. Ist aber überhaupt kein Problem: auch, wenn der Mörtelhuber aus Wien diesmal – wie auch andere namhafte Gäste – grippal schwächeln sollte, dürfen Models und Möchtegernpromis aus den Fächern B, C oder D nicht fehlen. Ein Orden für jeden, im freien Handel kostet das Edelblech knapp 7.000 Euro, am Band gibt es das Stück schon für den Namen. Und für angeboren zickige Schönheit, die mit herausragenden Leistungen bisher noch nicht auffiel, ist es umsonst. Hauptsache sie kommt. Die „Mutter aller Supermodels“, wie ein Freigeist kürzlich geschmalzt hat. Noch wichtiger in dieser so aufgeheizten Stadt ist der Gesundheitsbericht von moderierenden Schauspielertöchtern. Kommt sie oder kommt sie nicht? Hach … Oder der Schlafplatz von Sternchen. Da lässt es sich das Stadtfernsehchen selbstverständlich nicht nehmen, Hoteliers mit schmatzenden Bussis zu versehen, um die Absteigen zu visitieren. Himmel, nicht auszudenken, wenn da erst die krampfigen Lokalmatadorpolitikerseelen ankommen und mittelalterlich Bettensteuer statt der gescheiterten Kopfkurpauschale erheben. Kleingeist, du hast ein Zuhause!
Bis nächsten Freitag, dann haben wir’s wieder hinter uns –
Michael Ernst